„Die Sanierung ist ein Gemeinschaftsprojekt“
Kirche des Monats Januar 2017 in Wollenberg
„In der letzten Woche war die Kirche voll“, sagt Siegfried Zschärlich. Anders als der Stolz, der in seinem Satz mitschwingt, vermuten lässt, ist Siegfried Zschärlich nicht der Pfarrer der von ihm angesprochenen Kirche. Er ist noch nicht einmal Kirchenmitglied. Trotzdem ist ihm das historische Bauwerk, das seinem Wohnhaus in Wollenberg genau gegenüber steht, so wichtig, dass er einen beträchtlichen Teil seiner Zeit darauf verwendet, sich für dessen Erhalt einzusetzen. Mit dem örtlichen Förderverein organisiert er zum Beispiel Benefizkonzerte, wie eben das in der vergangenen Woche.
Siegfried Zschärlich lebt seit fast 20 Jahren in Wollenberg. 1997 sind seine Frau und er aus Berlin in das kleine brandenburgische Dorf gezogen. Mit einer Dreiviertelstunde Fahrt können die beiden ihre Kinder in Berlin besuchen. „Das tun wir natürlich gern, aber wir leben auch sehr gern hier auf dem Land“, sagt der ehemalige Ingenieur. Den täglichen Blick auf die Kirche in der neuen Heimat hat er zu schätzen gelernt, das Mauerwerk aus handbehauenen Feldsteinen gefällt ihm „viel besser als Putz“. Und dann ist da noch die „großartige Akustik“ in der kleinen Saalkirche. Die kommt natürlich insbesondere bei Konzerten zum Tragen. Mehr als 60 Besucher waren es, die zuletzt dem „Sekt-tett Bad Freienwalde“ lauschten – eine gute Quote angesichts von insgesamt etwa 100 Menschen, die in Wollenberg wohnen. Dass mit Veranstaltungen rund um die Kirche die Gemeinschaft im Dorf belebt wird, ist Siegfried Zschärlich genauso wichtig wie die Spenden, die dabei für die Instandsetzung des Gebäudes zusammenkommen. „Der Förderverein hatte von Anfang an dieses doppelte Ziel: Aktivieren und Sanieren“, betont er.
„Wir haben es geschafft, dass die Leute aus ihren Häusern kommen.“
Siegfried Zschärlich, Wollenberg
Seit 2013 gibt es den Förderverein in Wollenberg, 55 Mitglieder zählt er inzwischen, „und dass, obwohl von vielen Ehepaaren hier im Ort nur einer oder eine dazu gehört“. Siegfried Zschärlich hat den Vorsitz inne, weil er sich mit der Betreuung größerer Projekte auskennt. „Früher habe ich das Zehnfache der Summe verantwortet, um die es bei der Sanierung der Kirche geht“, schmunzelt er. Entsprechend gelassen betreut er die nötigen Bauabschnitte. Nachdem im vergangenen Jahr der Turm mit der hölzernen Fachwerkschaft instandgesetzt wurde, soll in diesem Jahr das Dach erneuert werden. Dort, wo die Deckenbalken auf dem Mauerwerk aufliegen, sind sie oft schadhaft. „Zuerst muss also der Zimmermann kommen, dann ist der Dachdecker dran“. 134.000 Euro werden die Arbeiten dieses Abschnitts kosten, danach sind noch einmal Gelder für die Fassade veranschlagt. Die Stiftung KiBa fördert das Vorhaben in diesem Jahr mit 20.000 Euro.
Kirche Wollenberg
Kirche Wollenberg
Kirche Wollenberg
Kirche Wollenberg
Kirche Wollenberg
Kirche Wollenberg
Die Wollenberger Kirche wurde Mitte des 13. Jahrhunderts errichtet; im 18. und 19. Jahrhundert erfuhr sie umfassende Erneuerungen. Die Ausstattung im Inneren ist einheitlich. Der hölzerne Altaraufsatz trägt eine Inschrift, die seine Entstehung auf das Jahr 1608 datiert, zeitgleich ist die an der Nordwand befindliche Kanzel entstanden. Viele Blicke zieht ein kleiner gemalter Posaunenengel über der Tür des Kanzelaufgangs auf sich. Adelige Familienwappen an den Brüstungen und Rückwänden der Kirche zeugen von der häufig wechselnden Patronatsherrschaft in Wollenberg. Die einmanualige Orgel der Firma Dinse befindet sich über der Westempore. Sie ist das „Zukunftsprojekt“ des Fördervereins. „Die Orgel ist durch die bisherigen Arbeiten schon ein wenig in Mitleidenschaft gezogen“, meint Siegfried Zschärlich, „das müssen wir ganz am Ende auch noch bedenken“. Entmutigen lässt er sich von den vielen Mühen der Ebene nicht: „Es macht mir richtig Spaß, weil alle mitziehen. Die Sanierung ist ein Gemeinschaftsprojekt.“ Neben Konzerten organisieren er und seine Mitstreiter Lesungen, Vorträge, Flohmärkte und Wanderungen in der Region – mit immer größerer Resonanz. „Wir haben es geschafft, dass die Leute aus ihren Häusern kommen.“