Barfüßerkirche Augsburg

Neues Selbstbewusstsein für die Barfüßerkirche

Die „KiBa-Kirche des Monats Januar“ in Augsburg soll eine gute Statik und bequeme Kirchenbänke erhalten

Sie war die erste evangelische Kirche am Platz, und die größte war sie auch. Bertholt Brecht wurde dort getauft und konfirmiert, an ihrer Orgel spielten Wolfgang Amadeus Mozart und später Albert Schweitzer. Die Barfüßerkirche in Augsburg, von der Stiftung KiBa als „Kirche des Monats Januar 2016“ gewürdigt, hat eine bewegte Geschichte. Sie begann vor mehr als 600 Jahren: Der Rat der Stadt und die Bürgerschaft ließen 1407 bis 1411 eine ungewöhnlich große gotische Hallenkirche errichten, die als Kloster für aus Oberitalien nach Augsburg übergesiedelte Franziskanermönche diente. Es handelte sich um die erste Franziskanergründung nördlich der Alpen - noch zu Lebzeiten des Franziskus hatten sich die ersten Brüder 1221 in Augsburg niedergelassen und von dort aus die anderen Niederlassungen gegründet. Die auf festes Schuhwerk verzichtenden Brüder wurden zu Namensgebern des Bauwerks. 1524 wurde in der Barfüßerkirche die erste evangelische Predigt Augsburgs gehalten. Der Konvent löste sich auf, 1536 war der Wandel vom Kloster zur ersten evangelischen Pfarrkirche in der Stadt vollzogen.

Barfüßerkirche Augsburg

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Im 18. Jahrhundert gestaltete man das gotische Bauwerk im Stil des Barock um, und die später unter berühmten Händen erklingende Orgel von Johann Andreas Stein erhielt ihren Platz in der Kirche. Mit dem Zweiten Weltkrieg wendete sich das Schicksal des imposanten Gebäudes: Im Februar 1944 zerstörten Bomben die große Hallenkirche fast vollständig. Nur der Ostchor – der ungefähr ein Drittel der ursprünglichen Länge des Kirchenschiffes einnimmt - blieb weitgehend unversehrt. Dieser turmlose „Kirchenrest“ ragt bis heute aus dem Gewirr der engen Gassen und einfachen Giebelhäuser heraus.

Nachdem die Barfüßerkirche so dezimiert lange als eine von fünf evangelischen Kirchen Augsburgs eher ein Schattendasein geführt hat, füllt sie sich seit einigen Jahren mit neuem Selbstbewusstsein und Leben. Mit ökumenischer Offenheit, einem stark diakonischen Profil und vielen Angeboten für Flüchtlinge gewinnt sie immer mehr Zulauf. „Die Menschen kommen nicht mehr aufgrund ihrer Gemeindezugehörigkeit in die Kirchen, sondern wegen der Angebote, die gemacht werden“, sagt Pfarrer Frank Zelinsky. Für die Barfüßerkirche bedeutet dies, dass auch die Gottesdienste zunehmend besser besucht werden; „und sie entwickelt sich immer mehr zu einem spirituellen Zentrum“, sagt der Pfarrer nicht ohne Stolz.

„Auch mit der Sanierung unterstreichen wir das neue Selbstverständnis“, sagt Zelinsky. Im Wesentlichen betreffen die anstehenden Maßnahmen die Statik des Gebäudes, insbesondere das Gewölbe. 435.00 Euro sind dafür veranschlagt – viel Geld für Arbeiten, von denen die Gemeindemitglieder außer einem Gerüst im Inneren und einem eingezogenen „Fehlboden“ in 15 Metern Höhe nicht viel sehen werden, meint der Pfarrer. Deshalb ist vorgesehen, auch das Gestühl zu verschönern, und so manche nicht unbedingt nötige Gerätschaft aus dem Kirchraum zu entfernen, „um die ursprüngliche optische Klarheit zurückzugewinnen“. Unterstützt wird das Großprojekt nicht zuletzt von der Stiftung KiBa: Sie stellt für die Sanierung der Barfüßerkirchen in diesem Jahr 10.000 Euro zur Verfügung.

Wenn es um eine gute Präsentation der geplanten Schritte und die Gewinnung von Spendengeldern geht, fällt sofort der Name Susanne Lettau. Die 42-jährige Kirchenpflegerin engagiert sich seit vielen Monaten schon ganz besonders für „ihre“ Kirche. Die „Schatztruhe“ im alten Kreuzgang zum Sammeln von Spenden geht auf Susanne Lettaus Initiative zurück, ebenso wie der Verkauf von kleinen Ziegelsteinen mit eingeprägtem „Barfuß“, die für 10 Euro abgegeben werden. Neben den auch bei Touristen beliebten „Kerzenscheinführungen“, bei denen Susanne Lettau die Historie des Gebäudes Revue passieren lässt, plant die Kirchenpflegerin für dieses Jahr auch besondere „Baustellenführungen“. Sobald das Gerüst steht und der Fehlboden eingezogen ist, „werden wir Perspektiven auf und in unsere Kirche haben können, wie es sie sonst nicht gibt“, freut sich Lettau. Auch wenn bei ihr alle Fäden zusammenlaufen: Allein ist die Kirchenpflegerin mit ihrem Engagement nicht. Je nach Projektidee macht sich Susanne Lettau gezielt auf die Suche nach Mitstreitern – und wird jedes Mal schnell fündig: „Hier in der Gemeinde gibt es viele Talente und sehr viele Menschen, die gern helfen“. Auf dem Programm für das Jahr steht ein Gala-Spenden-Diner nach historischen Rezepten, ein Picknick-Konzert in Kirche und Garten  und eine „Baustellen-Lesung“ mit Texten von Brecht und heutigen Konfirmanden.