Die Kirche des kaiserlichen Hofarchitekten
Die „KiBa-Kirche des Monats Mai“ in Brügge wurde von Reinhold Persius erbaut
„Als erstes kommt der Gerüstbauer. Dann macht der Dachdecker weiter, der deckt das alte Dach ab. Der Zimmerer ist der entscheidende Mann, er prüft alle Balken und Tragwerkkonstruktionen und bestellt das entsprechende Holz. Währenddessen wird das Gerüst innen aufgebaut, auch der Maurer kann schon Hand anlegen.“ Der Plan ist klar, die Rollen sind verteilt – die Sanierung der Dorfkirche in dem 140 Einwohner kleinen Örtchen Brügge in der brandenburgischen Prignitz kann beginnen. Möglichst komprimiert, sagt Georg Zander, der Vorsitzende des örtlichen Fördervereins, sollen die Arbeiten stattfinden, denn Zeit ist Geld, und davon wird ohnehin einiges benötigt: 236.000 Euro wird es nach Berechnungen der Sanierer kosten, dass in Brügge wieder regelmäßig Gottesdienste stattfinden können. Die KiBa fördert das Vorhaben ihrer denkmalgeschützten „Kirche des Monats Mai“ mit 15.000 Euro.
Persiuskirche Brügge
Persiuskirche Brügge
Persiuskirche Brügge
Persiuskirche Brügge
Persiuskirche Brügge
Persiuskirche Brügge
Erbaut wurde die trutzig wirkende neugotische Feldsteinkirche im Jahr 1864. Nachdem das Vorgängergebäude aus Fachwerk verfiel und die umliegenden Landwirte einen repräsentativen Kirchenbau wünschten, gab Patronatsherr Otto August Alexander von Rohr mehrere Entwürfe für einen Neubau in Auftrag. Den Zuschlag erhielt Reinhold Persius (1835 – 1912). Inwieweit sein Glück von seinem Bruder Ludwig Persius abhing, der zu dieser Zeit Landrat in Kryritz war, bleibt offen. In jedem Fall nahm die Karriere des Reinhold Persius nach seiner Tätigkeit in Brügge einen steilen Verlauf: 1868 wurde er zum Hofbaumeister in Potsdam ernannt, 1876 bis 1888 war er Leiter der Berliner Schlossbaukommission, 1886 erhielt er die Ernennung zum Konservator der Kunstdenkmäler in Preußen und trug den Titel „Hofarchitekt Seiner Majestät des Kaisers“. Von 1882 an war er Mitglied der Kommission zum Neubau des Berliner Reichstages. Der Stolz der Brügger auf den berühmten Erbauer ihrer Kirche ist deutlich sichtbar: Gleich zu Beginn der Sanierungsmaßnahmen wurde eine Gedenktafel für ihn gefertigt.
Genutzt wird die Persiuskirche bislang aber nur in Ausnahmefällen: Mit Ende des Zweiten Weltkrieges nahm die Zahl der Besucher ab, noch vor wenigen Jahren drohte der Abriss. 1997 immerhin wurde auf Betreiben eines ehemaligen Dorfbewohners der Turm restauriert, dann geschah wieder viele Jahre lang nichts. Erst 2006 gediehen erneut zaghafte Sanierungspläne, „immer mehr Leute aus dem Dorf kamen, um in der Kirche aufzuräumen“, erinnert sich Zander. Es wurde geräumt und gereinigt, der Kirchplatz von wild wucherndem Buschwerk befreit. Im darauffolgenden Jahr schon hielt die Generalsuperintendentin einen ersten „Hoffnungsgottesdienst“ in der mit Flieder geschmückten Kirche, die Glocken wurde per Hand geläutet, das anschließende „prachtvolle Benefiz-Kuchenbuffet“ brachte Spenden für die weitere Instandsetzung. Es folgten gut besuchte Hubertusmessen, mit Vertretern des Nachbardorfes entstand ein eigener Gemeindekirchenrat. Junge Leute brachten mit einem Herrnhuter Stern Licht in die Kirche, die Fenster wurden erneuert. In der vergangenen Woche haben Georg Zander und seine Frau ihren Sohn Theodor in der Persiuskirche taufen lassen. „Die erste richtige Taufe seit mehr als 52 Jahren, das war toll.“ In diesem Sommer wird der seit zwei Jahren aktive Förderverein das Dorffest um kleine Baustellenführungen anreichern, bei denen vom Gerüst aus Einblicke genommen werden können, „wie es sie sonst selten gibt“.
21 Mitglieder hat der Förderverein, der die treibende Kraft hinter allen Aktionen rund um die Dorfkirche in Brügge ist. Woher kommt dieses Engagement auch von kirchenfernen Einwohnern für das marode Gebäude? Zander verweist auf die Geschichte: Seit Jahrhunderten seien die Höfe der ansässigen Landwirte rund um die Mitte des Dorfes gruppiert; „in dieser Mitte stand die Kirche“. So wie es den Vorfahren gelang, 1864 eine schadhafte Kirche durch einen Neubau zu ersetzen, meint er, „so sollten wir das mit den uns zur Verfügung stehenden modernen Mitteln doch erst recht schaffen“. Das Pflichtbewusstsein des Fördervereinsvorsitzenden und seiner Mitstreiter wird ergänzt und befördert durch ein „neues Gefühl der Zusammengehörigkeit im Dorf“. Und auch wenn das Ziel ein ehrgeiziges ist, so ist es doch ein gemeinsames. Daher ist Zander sicher: „Wir schaffen das!“