Alt und außergewöhnlich attraktiv
Die „KiBa-Kirche des Monats Juni 2022“ in Heinsheim
Wer die Bergkirche im badischen Heinsheim besucht hat, der vergisst sie nie. Mindestens zwei Gründe gibt es dafür: Zum einen ist da ihre Lage. Anders als die meisten Gotteshäuser thront das St. Hilarius gewidmete Bauwerk nicht mitten im Ort, sondern außerhalb auf dem Kirchberg oberhalb des im Neckartal gelegenen Heinsheim. „Das hat Vor- und Nachteile“, sagt Pfarrer Daniel Fritsch lächelnd. Beide sind schnell erraten: Der Blick ins Tal ist traumhaft schön – aber er muss hart erkämpft werden, jedenfalls, wenn man den Kirchberg auf dem uralten Steinweg zu Fuß erklimmt. „Das ist gerade für ältere Menschen nicht einfach“, weiß der Pfarrer. „Deshalb bieten wir zu Gottesdienstzeiten immer wieder Mitfahrgelegenheiten an.“
Und warum befindet sich die „Kirche des Monats Juni 2022“ an genau diesem Ort? Hier kommt – zweitens - die Geschichte ins Spiel. Hinter dem Gebäude entspringt ein kleiner Bach. Dieser soll fränkischen Missionaren schon im 7. oder 8. Jahrhundert als Quelle für Taufen gedient haben. Vermutlich hatten die Mönche schon damals neben der Quelle eine hölzerne Kapelle gezimmert, die später von einem schlichten steinernen Bau abgelöst wurde. Wann auch immer das genau gewesen ist: „Die Heinsheimer Bergkirche ist auf jeden Fall eines der ältesten Gotteshäuser in Süddeutschland“, sagt Daniel Fritsch. Eine erste Erwähnung findet sich in einer Auflistung von Besitztümern des Bistums Worms, dem „Cartularium Wormatiense“, das zwischen 950 und 973 entstanden ist.
Margarethenkirche Bad Rappenau-Heinsheim
Margarethenkirche Bad Rappenau-Heinsheim
Margarethenkirche Bad Rappenau-Heinsheim
Margarethenkirche Bad Rappenau-Heinsheim
Margarethenkirche Bad Rappenau-Heinsheim
Margarethenkirche Bad Rappenau-Heinsheim
Margarethenkirche Bad Rappenau-Heinsheim
Margarethenkirche Bad Rappenau-Heinsheim
Margarethenkirche Bad Rappenau-Heinsheim
Ein weiterer mit der exponierten Lage von St. Hilarius verbundener Charakterzug ist die wehrhafte Anmutung des Bauwerks. Die massiven Mauern, die das einschiffige Langhaus umgeben, sind mit Schießscharten versehen, auch der frühgotische Chorturm, der 1250 hinzukam, besteht aus starkem Gemäuer. Im Kircheninneren dagegen herrscht eine ganz andere Atmosphäre. Ins Auge fallen die vier traditionellen Evangelistensymbole (Mensch, Löwe, Stier und Adler), die das Kreuzgewölbe zieren. Auch diese Darstellungen sind mutmaßlich mehr als 770 Jahre alt, ebenso wie die feinen pastellfarbigen Zeichnungen an den Seitenwänden, die das Jüngste Gericht und einen Christus zeigen. Diese Fresken waren lange Zeit mit weißer Farbe übertüncht und wurden erst in den 1950er Jahren wieder entdeckt und freigelegt.
Die Wände der Bergkirche sind mit vielen prächtigen Grabsteinen geschmückt: Bis 1647 war St. Hilarius Grablege der Freiherrn von Ehrenberg, die den Neckar bei Heinsheim kontrollierten. Besonders sticht das Spätrenaissance-Epitaph von Johann Heinrich von Ehrenberg hervor, der 1584 starb. Es heißt, dass das die Barone von Ehrenberg die Reformation einführten, ohne von ihren Untertanen zu verlangen, ebenfalls zum Protestantismus zu konvertieren. Mit dem Tod von Johann Heinrich fand diese großzügige Haltung indes ein Ende: Seine Frau Margarethe soll zum Katholizismus zurückgekehrt sein, der gemeinsame Sohn Philipp Adolf die umliegenden Dörfer später als Bischof gewaltsam rekatholisiert haben.
Alter, Lage, Ausstattung - der in jeder Hinsicht besondere Charakter der Heinsheimer Bergkirche lässt ahnen, dass eine Sanierung des Gebäudes, wie sie unbedingt ansteht, umfangreich und kostenträchtig werden wird. Zunächst möchte die Gemeinde die Dächer von Kirchenschiff und Turm instand setzen lassen, außerdem den Glockenstuhl. Für diese Arbeiten sind rund 930.000 Euro veranschlagt. Die Stiftung KiBa stellt 10.000 Euro zur Verfügung. Erste Fäden für ein Fundraising-Konzept sind gesponnen, versichert Daniel Fritsch, und sie sollen gezogen werden, sobald es losgeht. Auch wenn das vermutlich erst im kommenden Jahr der Fall sein wird: Einzelne Spenden erreichen den Pfarrer schon jetzt immer wieder. Er ist sicher, dass der finanzielle Eigenanteil der Gemeinde zusammenkommt: „Die Menschen wollen sich beteiligen“.