Die Kirche bleibt im Dorf – und das Dorf in der Kirche
Die „KiBa-Kirche des Monats November 2020“ in Schmolde (Meyenburg)
Unaufdringlich und in schlichter Anmut fügt sich die kleine Kirche in das idyllische Dorfbild im brandenburgischen Schmolde ein. Der traditionelle Fachwerkbau mit rostroter Backsteinfassade und dem quadratischen Kirchturm ist ein alter Weggefährte der rund 200 Einwohner: Seit etwa 1730 feiern die Schmolder hier Abendmahl, Taufen, Konfirmationen und Hochzeiten.
Die geraden Linien und klaren Formen des Gebäudes lassen kaum erahnen, welche Schmuckstücke sich in seinem Inneren verstecken. Hat man an der Fassade jeglichen Zierrat ausgespart, vermittelt der Kirchenraum eine ganz andere Atmosphäre: In warmen Rot- und Ockertönen verzierte der berühmte Kirchenmaler Robert Sandfort in den 1920er Jahren die Decke mit seinen charakteristischen floralen Mustern - ein folkloristischer Stil, der heute im Fachjargon als „Bauernbarock“ bezeichnet wird und seinen Höhepunkt in der NS-Zeit erreichte. Robert Sandfort, dessen Atelier sich damals im Berliner Stadtteil Charlottenburg befand, schmückte Zeit seines Lebens 52 Kirchräume mit seinen großflächigen Malereien, elf davon allein in der Prignitz.
Doch noch etwas anderes sticht beim Betreten des Kirchenschiffs hervor: Älter noch als das Kirchgebäude ist die schmuckvolle, spätgotische Pedrella von 1500, die mit der barocken Kanzel aus dem 17. Jahrhundert zu einem beeindruckenden Kanzelaltar verbunden wurde. Daneben schwebt ein Taufengel mit wallendem Gewand von der Decke herab. Der Engel, der noch aus der Erbauungszeit der Kirche stammt, gehört auch zu den Lieblingsstücken des Gemeindepfarrers Johannes Kölbel: „Ein Hingucker!“, findet er.
Dorfkirche Schmolde
Dorfkirche Schmolde
Dorfkirche Schmolde
Dorfkirche Schmolde
Dorfkirche Schmolde
Dorfkirche Schmolde
Dorfkirche Schmolde
Doch drei Jahrhunderte Kirchenbetrieb boten nicht nur genug Zeit, um viele schöne Erinnerungen und hochwertiges Kircheninventar anzusammeln, sie hinterließen auch ganz reale, sichtbare Spuren an der Bausubstanz. Die Fachwerkwände wurden bereits 1997, das Dach und der Kirchturm acht Jahre später instandgesetzt. Nun ist wieder eine umfassende Hüllensanierung von Nöten. „Die Bauarbeiten an der Schmolder Kirche sind in vollem Gange“, berichtet Johannes Kölbel begeistert. Rund 146.000 Euro wird die breit angelegte Sanierung des Bauwerks wohl kosten. Schadstellen am Fachwerk wurden bereits ausgebessert und der Dachstuhl grundlegend saniert.
Viele Maßnahmen stehen erst noch bevor. Ein barrierefreier Südeingang fehlt und ein gesundheitsschädliches Holzschutzmittel, das im Dachstuhl verwendet wurde, bereitet momentan Sorge. Mühevoll sind nicht nur die handwerklichen Arbeitsschritte, auch der Entscheidungsprozess, welche Maßnahmen wie durchzuführen sind, fordert Zeit und Kompromissbereitschaft. So hat sich der Gemeindekirchenrat mit der Denkmalschutzbehörde Perleberg auf die Art der neuen Ziegel für das Dach erst einigen müssen – es sollen nun rundliche Biberschwanz-Ziegel verwendet werden. Auch die Frage, ob eine Dachrinne angebracht werden darf, die am Originalbau nicht vorhanden war, sorgte für einige Diskussion. „Spannend ist eine Bauphase allemal“, meint Kölbel und schließt die Dorfbewohner mit ein: „Die Schmolder begleiten kritisch die Fortschritte und bemängeln mögliche Stillstände.“
Schmolde, sagt er, ist eine lebendige Gemeinde, der ihre Kirche sehr am Herzen liegt. Dem hohen ehrenamtlichen Engagement der Gemeindemitglieder ist es zu verdanken, dass im Kirchengebäude nicht allein Gottesdienste, sondern auch regelmäßige Kirchkonzerte stattfinden können. Die baulichen Maßnahmen sollen dies auch in Zukunft möglich machen. Dabei wird die gesamte Dorfgemeinschaft miteinbezogen, sagt der Pfarrer: „Grundsätzlich geht es nicht nur darum, die Kirche im Dorf zu lassen, sondern auch einladend das Dorf in der Kirche zu haben; Christen, Andersdenkende und Andersglaubende.“