Eine neue Kopfbedeckung für den alten Turm
„Kirche des Monats Februar 2023“ in Remda
Vor etwa zwei Jahren fiel es auf: Die Wetterfahne ragte ein wenig schief in den Himmel. Ein Dachdecker wurde gerufen, er stieg hoch zum Turm der Kirche St. Simon und Juda im thüringischen Remda. Dort stellte er fest, dass nicht etwa ein kräftiger Wind die Kopfbedeckung des Bauwerks in Schieflage geblasen hatte. „Die gesamte Holzkonstruktion unterhalb der Fahne war stark durchgerottet“, berichtet Pfarrerin Carmen Ehrlichmann. Betroffen waren auch die Helmstange und der Turmknopf unterhalb der Fahne. Eine Notsicherung nahm der Dachdecker noch vor – seitdem ist klar, dass der Turm der Stadtkirche umfassend saniert werden muss.
30 Meter ragt dieser Turm stadtbildprägend in den Himmel. Nicht immer schon war er so hoch, und nicht immer schon lag er im Osten des Kirchengebäudes. Der allererste Kirchbau in Remda ist Schätzungen zufolge schon im 8. Jahrhundert auf Betreiben des christlichen Missionars Bonifatius erfolgt. Sicher ist, dass im Jahr 1744 ein großer Brand den Vorgängerbau des heutigen Gotteshauses gründlich zerstörte. Allein der Turm blieb verschont. Statt östlich davon errichtete man die neue Kirche – ein Saalbau aus Natursteinen - im Westen des standhaften Turms, der dabei um ein zusätzliches verschiefertes Geschoss mit Schweifkuppel und Laterne erhöht wurde.
St. Simon und Juda Remda
St. Simon und Juda Remda
St. Simon und Juda Remda
St. Simon und Juda Remda
Das Erdgeschoss des Turms wird von einem historischen Kreuzrippengewölbe überspannt, das vermutlich aus dem 15. Jahrhundert stammt. Im Kirchenschiff fällt die zweigeschossige Empore auf, die an drei Kirchenwänden angebracht ist. Eine Besonderheit zeigt die Kanzelwand, die 1888 von dem im Ort lebenden Maler Edmund Herger gestaltet wurde. Im Mittelpunkt der Malerei steht eine Kreuzigungsszene, aber auch historisch prominente Persönlichkeiten wie etwa Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel, Martin Luther und Gustav Adolph von Schweden sind zu erkennen.
Bei Kirchenführungen stellen die Remdaer dieses besondere Kunstwerk gern in den Mittelpunkt. „Diese modernen Fresken liegen uns sehr am Herzen“, sagt Carmen Ehrlichmann. Was indes nicht nur für die Kunst in der Kirche gilt: Stolz sei man schon ein wenig, dass es bis heute gelungen ist, die Mutterkirche im Kirchspiel, zu dem noch sechs weitere Ortschaften gehören, für Verkündigung und Gemeinwohl gut zu erhalten. Ein Förderverein unterstützt die Kirchenverantwortlichen. „Und kleinere Arbeiten für die Kirche, wie zum Beispiel der Rückbau eines Ofens, übernehmen Gemeindemitglieder selbstverständlich freiwillig.“
Nun stehen indes größere Maßnahmen an: Wenn die Gerüste bis ganz oben gewachsen sind, müssen Schiefer und Schalung am Kirchturm entfernt, die Holzkonstruktion repariert und erneuert, dann alle Bestandteile wieder an Ort und Stelle platziert werden. 210.000 Euro sind dafür veranschlagt. Die Stiftung KiBa steuert – eine Projektspende inklusive – 11.000 Euro bei. Für Spenden wirbt die Gemeinde mit einem Flyer, aber auch mit vielen Aktionen. Am Tag des offenen Denkmals im Herbst wurden Turmbesteigungen angeboten, beim Gemeindefest im Juli gab es gutes Essen, eine Kirchenschatz-Suche für Kinder und das „Bildercafé“ für die etwas Älteren. „Es wurden historische Fotos aus Remda gezeigt, Seniorinnen und Senioren haben dazu erzählt“; die Pfarrerin erinnert sich gern daran. Das Format habe so großen Zuspruch erhalten, dass es auf jeden Fall weitergeführt werde. Vielleicht werden irgendwann in den kommenden Jahren auch Fotos des Kirchturms mit der schiefen Wetterfahne beim Bildercafé gezeigt – die sind dann zum Glück auch Geschichte.