Von Fugen, Feldsteinen und lebendigem Glauben
„Kirche des Monats Februar 2024“ in Borby
Wie viele Kirchen ist auch die in Borby eine, die man schon von weitem sieht. Auf einer kleinen Anhöhe erbaut, die auf dem platten Holsteiner Land vollmundig „Petersberg“ genannt wird, thront sie seit fast 870 Jahren über der Ostsee-Hafenstadt Eckernförde. Der Kirchturm, der die Sichtbarkeit des Gotteshauses erst so richtig markant macht, gehörte allerdings nicht immer dazu: Zwar gab es massive Kirchtürme aus Stein in der Region schon seit dem 15. Jahrhundert und einen solchen in Borby auch bereits Mitte des 16. Jahrhunderts. Doch Blitzschläge, Orkanböen und weitere Missgeschicke sorgen dafür, dass der solide und dauerhafte Begleiter des Kirchenschiffs, der noch heute in den Himmel ragt, erst 1893 erbaut wurde.
Obwohl die Borbyer Kirche sich also ein wenig höher über der Stadt befindet, ist sie doch „mittendrin“, also nah bei den Menschen, betont Pastor Ole Halley. „Sie ist die ideale Familienkirche“, findet er. Spielkreisgruppen, ein großer Kindergarten, Unterricht für Konfirmandinnen und Konfirmanden, eine Jugendgruppe, ein Kinder- und Jugendchor – an Möglichkeiten für junge Menschen mangelt es nicht. „Aber auch Erwachsene und Senior*innen finden in eigenen Kreisen und Chören zusammen“.
Ole Halley ist seit knapp 30 Jahren in der Ostseestadt tätig; dass er sich dort von Anfang an heimisch gefühlt hat, liegt auch an der Kirche, die ihn mit in vielerlei Hinsicht an das Gotteshaus in seiner Dittmarscher Heimat erinnert. Ein wichtiges Charakteristikum seiner „alten“ wie der „neuen“ Heimatkirche ist die Tatsache, dass beide Gebäude aus Feldsteinen bestehen. In der liebevollen Beschreibung der Geschichte der Borbyer Kirche, die auf der Internetseite der Gemeinde zu lesen ist, steht im Blick auf ebendiese Feldsteine: „Die Bauern waren sicher froh, dass sie diese so loswurden“. Was auf dem Feld störte, wurde so zum Markenzeichen von Gotteshäusern – und in Borby später zum Teil eines Problems: Die Fugen von nicht unbeträchtlicher Größe, die zwischen den Feldsteinen klafften, „waren zwar einmal mit Zement gefüllt, sind aber inzwischen weitgehend offen“, berichtet der Pastor. Bei Mauern von einer Breite bis 1,20 Metern machen sich solche Lücken bemerkbar, insbesondere dann, wenn Regenwasser eindringt und im Winter gefriert. „Dann hat man ein statisches Problem“.
Vor rund sechs Jahren, erinnert sich Ole Halley, trat dieses Problem zum ersten Mal zutage und wurde zum Impuls für eine weitgehende Sanierung der Kirche in Borby. Abgesehen vom Mauerwerk müssen auch das Fundament der Kirche und das Dach restauriert werden. Der Pastor sieht es positiv: „Immerhin haben wir im Inneren keinen Schimmel!“. Auch im Blick auf die finanzielle Eigenbeteiligung der Gemeinde an dem Instandsetzungsprojekt, das mit insgesamt 1,6 Millionen Euro veranschlagt ist, bleibt er zuversichtlich. „Beim Fundraising hat sich gezeigt, dass es Sinn macht, diejenigen, die finanzielle Möglichkeiten haben, direkt anzusprechen“. Das kann nun bald geschehen, denn in diesem Jahr, hoffen die Borbyer, soll die Sanierung starten. Die Stiftung KiBa fördert das Projekt mit 10.000 Euro.
Die Borbyer Kirche wurde Mitte des 12. Jahrhunderts errichtet. Damals gehörte Eckernförde zum dänischen Einflussbereich. Von der Regentschaft des Dänenkönig Knuds an (ab dem 11. Jahrhundert) konnte das Christentum in der Region Fuß fassen. 1123 wurde das Bistum Schleswig dem Erzbistum Lund unterstellt, zu dem Dänemark, und der Süden von Schweden und Norwegen gehörten. Eifrig begann man mit dem Bau von Kirchen, denn (so heißt es in der Geschichte der Borbyer Kirche – und hätte nicht schöner für die Stiftung KiBa formuliert werden können): „Wo Kirche sichtbar präsent ist, kann der Glaube leichter in den Herzen der Menschen Wurzeln schlagen“.
Der Glaube in Borby schlug sogar so tiefe Wurzeln, dass das Gebäude im 13. Jahrhundert erweitert werden musste; das Kirchenschiff wurde um zwei Fensterjoche nach Westen verlängert. Im Inneren prägt bis heute der spätbarocke, von einem dänischen Ritter 1686 gestiftete Hochaltar das Bild, die vier Jahre jüngere Kanzel passt in Stil und Farbigkeit dazu. Das bedeutendste Kunstwerk in der Borbyer Kirche ist der Taufstein, der vor rund 800 Jahren aus gotländischem Kalkstein gefertigt wurde und auf dem vier Szenen der Geburtsgeschichte Jesu zu sehen sind. Das Geläut besteht aus drei Glocken; eine davon stammt aus dem Jahr 1767, die anderen beiden haben den Zweiten Weltkrieg nicht überstanden. Ihre Nachfolgerinnen wurden 2005 in Betrieb genommen und tragen die heute wieder neu aktuellen Namen „Hoffnung“ und „Frieden“.
Seit Jahrhunderten ist die Borbyer Kirche für die Menschen da, und das soll so bleiben. Dafür werden Pastor Ole Halley und die Gemeinde sich weiter einsetzen. Denn – um ein letztes Mal die schöne Kirchenchronik zu zitieren – sie ist aus „lebendigen Steinen“ gebaut: „den Gemeindegliedern und Mitarbeitenden, bestrebt, Trost und Zuversicht und die Botschaft von Christi Vergebung und Befreiung dahin zu bringen, wo sie unter uns gebraucht werden.“