Martinskirche Zainingen (Baden-Württemberg)
Martinskirche Zainingen (Baden-Württemberg)

In Zainingen bleibt die Kirche im „Dörf“

„Kirche des Monats Januar 2023“

„Bares für Rares“: Dieser vielseits bekannte Slogan sorgt im ZDF für verlässliche Einschaltquoten – und anderswo für den Erhalt einer beliebten Kirche. Im württembergischen Zainingen kaperten Mitglieder des Kirchengemeinderates das Motto der Sendung; sie riefen im Amtsblatt dazu auf, (mehr oder weniger) Wertvolles zur Verfügung zu stellen, und boten die Gaben im Internet feil. „Wer Interesse an einem Gegenstand hatte, gab dafür eine Spende für die Sanierung unserer Martinskirche“, erklärt Pfarrer Daniel Mangel das erfolgreiche Konzept. Ein vierstelliger Spendenbetrag kam so zusammen, prominenteste Rarität war ein Teil einer Zapfsäule, die zu einer inzwischen abgerissenen Tankstelle im Ort gehörte. „Dafür gab es gleich mehrere Interessenten“, schmunzelt der Pfarrer.

Die Martinskirche, die vermutlich aus dem 15. Jahrhundert stammt, kann mit einigen Besonderheiten aufwarten. Da ist zum einen die markante, sechs und teilweise sogar acht Meter hohe Ringmauer, die das Gebäude samt Friedhof seit 1559 umschließt. Diese ehemalige Wehrmauer, berichtet Daniel Mangel, bot Kaufleuten, die auf der Handelsstraße Paris – Prag mit ihren Fuhrwerken durch den Ort kamen, in gefährlichen Situationen Zuflucht. Auch eine Zugbrücke gehörte einst dazu. „Dieses Ensemble ist eine Seltenheit in der Region“. Im Inneren der Kirche ist der passende Heilige zu sehen: Christopherus, der Schutzpatron der Reisenden, in einem überlebensgroßen Fresko.

Martinskirche Zainingen

Martinskirche Zainingen

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Sehr namhaft auch der Architekt, nach dessen Plänen das Gotteshaus Anfang des 20. Jahrhunderts renoviert wurde. Das nämlich war niemand Geringerer als Martin Elsässer. Seit seinem Wirken ist der obere Teil des Kirchturms in Fachwerksausführung zu sehen. Obwohl er es sicher verdient hätte, trägt die Martinskirche ihren Namen nicht Elsässers wegen. Hier kommt eine noch gewichtigere Persönlichkeit ins Spiel, man ahnt es: St. Martin. Er ist ebenfalls im Inneren des Gebäudes anzutreffen – auf einem der Schlusssteine des Kreuzrippengewölbes im Chorraum.

Die Sanierung der „Kirche des Monats Januar 2023“ wird im Frühjahr beginnen, „die Gerüste werden aufgebaut, wenn die Witterung hier auf der Schwäbischen Alb es zulässt“, weiß Pfarrer Mangel. Im Mittelpunkt der Arbeiten steht der Kirchturm. Fachwerk, Dach, Putz, Uhrwerk, Glocken und Treppenhaus – die Liste der Bereiche, die fachkundige Aufarbeitung benötigen, ist lang; mehr als 650.000 Euro sind dafür veranschlagt. Die Stiftung KiBa fördert das Projekt in Zainingen mit 10.000 Euro.

Und dann ist da natürlich noch die hoch engagierte Gemeinde. Ob durch Handwerkerarbeiten oder Spenden: Die allgemeine Neigung, die Restaurierung zu unterstützen, ist groß - „auch beim örtlichen CVJM“. Neben den traditionellen gehen die Gemeindemitglieder dabei auch unkonventionelle Wege: Abgeleitet von der baden-württembergischen Image-Kampagne „The Länd“ haben findige Zaininger die Initiative „The Dörf“ gestartet. Tassen, Taschen und Pullover werden mit diesem Schlagwort bedruckt und verkauft, ein Teil des Erlöses kommt der Martinskirche zugute. Das Augenzwinkern für den guten Zweck bringt Erfolg und Aufsehen; der SWR berichtete mehrfach darüber, „die Aktion läuft noch immer“.

Wie wichtig den Menschen ihre Kirche ist, spürt Pfarrer Daniel Mangel fast täglich. „Für sehr viele im Ort ist die Kirche eng mit dem Begriff Heimat verbunden“. Das gilt vermutlich auch für ihn selbst. Zwar ist er erst seit rund fünf Jahren in Zainingen tätig, wohnt aber direkt gegenüber vom Kirchturm. So wird er immer auch „ein Auge darauf werfen, wie es mit der Sanierung voran geht“.