Mit Köpi und Corvus unterwegs
St. Laurentius Berlin-Köpenick – zwei tierische Beobachter begleiten die Sanierung im neuen Kinderkirchenführer
Für Leo ist der Fall klar: „Wenn Corvus das lateinische Wort für Rabe ist, dann heißt Köpi auf Latein Krebs“, vermutet der Sechsjährige. Leo ist Vorschulkind und hört an diesem Nachmittag die Geschichte von Köpi und Corvus, dem Krebsmädchen und dem Rabenjungen, die gemeinsam die „Baustelle Stadtkirche“ in Berlin-Köpenick erkunden. Ihr Abenteuer erzählt der bebilderte Kinderkirchenführer, mit dem Mädchen und Jungen im Vor- und Grundschulalter die Sanierung des größten Gebäudes in der Altstadt Köpenick miterleben. Seit August 2024 ist die evangelische Stadtkirche St. Laurentius im Bau. Für Kinder wie Leo, deren Kita- oder Schulweg an dem 185 Jahre alten Bauwerk vorbeiführt, sind die Arbeiten eine Sensation: Die Kirche mit Gerüst, auf dem Bauleute wie Ameisen auf und ab klettern. Ein Kranwagen, der Dachbalken wie Jengasteine stapelt. Zwei angehende junge Orgelbauer, die, gemeinsam mit ihrem Meister, das majestätische Instrument hochkonzentriert auseinanderbauen, um es im kommenden Jahr wie ein Puzzle wieder zusammenzusetzen. Die komplett ausgeräumte Stadtkirche erhält ein neues Dach, wird im Mauerwerk stabilisiert und mit einer Fußbodenheizung ausgestattet. Damit sie mindestens weitere 200 Jahre glänzt. Fünf Millionen Euro kostet die Kirchsanierung. „Teuer“, raunt Leo.
„Hat der Pfarrer jetzt frei, wenn keine Gottesdienste stattfinden? Regnet es nicht rein in die Kirche, wenn sie ohne Dach ist? Wo taufen Eltern solange ihre Babies?“ Diese und andere Fragen beschäftigen die Kinder, wenn sie am Bauzaun stehend die Köpfe in den Nacken legen. Auch, wie die Kirche einmal aussehen soll, können die Mädchen und Jungen sagen: „Ein gläsernes Dach, von dem aus man in die Sterne schauen kann“, wünscht sich Selma. „Einen Rollrasen und einen großen Fernseher zum Fußballschauen“, kommt es von Finn. Ihre Eltern fasziniert die Sanierung, auch wenn sie sonntags nicht im Gottesdienst sitzen, der für die Zeit der Kirchschließung im Gemeindehaus stattfindet. Denn: St. Laurentius ist ein Leuchtturm für die Menschen des Bezirks. Für die Gemeinde und für die Stadt. Ändert sie ihr Erscheinungsbild, ist was los!
Aus genau diesem Grund ruft die eingerüstete Kirche die Krebsin Köpi auf den Plan. Corvus, ihr Rabengefährte, bemerkt, dass sogar in der Tram alle Köpfe nach oben schießen, während der Zug die „Baustelle Stadtkirche“ passiert. Die Kirche im Stahlstrebenkorsett fällt auf. Allen, besonders aber den Kindern, erklärt der Kinderkirchenführer „Baustelle Stadtkirche“ die Sanierung: Warum ist sie nötig? Wer hat vor 200 Jahren eigentlich beschlossen, dass in Köpenick eine Kirche gebaut wird? War es Laurentius, nachdem sie benannt ist? Nein, erfährt Corvus von der schlauen Köpi, Laurentius lebte im antiken Rom und schlug dem Kaiser ein Schnippchen, als der die päpstliche Kasse plündern wollte. Laurentius verteilte flugs das Geld an die Armen, weil sie, wie er argumentierte, „der wahre Schatz der Kirche“ seien. Das griff die Gemeinde auf. Corvus erinnert an einen anderen Plünderer, diesmal ohne Adelstitel, den Hauptmann von Köpenick. Auch der dürfte bei seinem Beutezug 1906 im benachbarten Rathaus Köpenick an der Stadtkirche vorbeigekommen sein. Das Wissen aus der Geschichte wird ergänzt von Glaubensfragen, die Köpi und Corvus kindgerecht beantworten. Etwa, wo Gott steckt während die Kirche in Bau ist. Dabei laufen die beiden Tiere um die Kirche, beobachten Bauleute, streiten und staunen. Der Kinderkirchenführer ist hier der biblischen Emmausgeschichte nachempfunden.
Konzipiert und aufgeschrieben hat das Projekt Dr. Tanja Kasischke, Mitarbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde. Die Bilder stammen von Juliane Lüke, Layout und Satz übernahm Andreas Wahle. Das Vorhaben wurde öffentlich gefördert. Im Berliner Kirchenkreis Südost sind die Köpenicker die ersten, die mit einem solchen, missionarischen Projekt für die Jüngsten aufwarten können. Kitas und Schulen werden den Kinderkirchenführer im Sach- und Religionsunterricht einsetzen. Zum Vor- und Selberlesen eignet sich das Büchlein auch, beide Tiere haben eine farblich abgesetzte „Stimme“, so dass die Kinder verteilte Rollen einnehmen können. Nicht zuletzt sind die Christenlehre-Gruppen und der Kinderchor der Gemeinde Köpis und Corvus‘ Publikum. Nach der Wiedereröffnung der Stadtkirche im Frühsommer 2026 gibt es für sie eine Kirchübernachtung mit Lesung. Leo, dann Erstklässler, will kommen. Er weiß inzwischen: Köpi ist nicht Latein, sondern nimmt Bezug auf den Namen des Bezirks, Köpenick.
Von Tanja Kasischke
Anmerkung der KiBa: der Kinderkirchenführer „Baustelle Stadtkirche“ ist kostenlos über das Kirchbüro St. Laurentius erhältlich - um Spenden wird gebeten.