Kirche des Monats Mai: Beliebt und belebt
St. Marien in Schönkirchen steht zu allen Zeiten im Mittelpunkt des Dorflebens
Der Name weckt Erwartungen - und sie werden erfüllt: Im nahe der Ostsee gelegenen Schönkirchen (Schleswig-Holstein) gibt es tatsächlich schöne Kirchen. Hauptverantwortliche Namensgeberin des Ortes ist die Marienkirche, die schon seit 1294 zum Gottesdienst einlädt. Das Schiff der gotischen Hallenkirche ist aus bearbeiteten Granitfindlingen errichtet, Fenster und Türen sind im Stil der Frühgotik gestaltet, im Kircheninneren sind eine Kanzel aus dem Jahr 1591 und ein großer geschnitzter Altaraufsatz zu bestaunen.
Marienkirche Schönkirchen
Marienkirche Schönkirchen
Marienkirche Schönkirchen
Marienkirche Schönkirchen
Marienkirche Schönkirchen
Marienkirche Schönkirchen
Marienkirche Schönkirchen
„Dieser fast monumental wirkende Altaraufsatz ist für Besucher wie für uns Gemeindeglieder immer wieder sehr beeindruckend“, sagt Marianne Johannsen vom Vorstand der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Schönkirchen. Der Aufsatz, auch Retabel genannt, wurde 1653 im regionaltypischen barocken Knorpelstil von dem bedeutendsten Bildschnitzer des Barock im Herzogtum Schleswig, Hans Gudewerth (1593 – 1671) geschaffen. Heute wird die offene Kirche St. Marien nicht zuletzt wegen dieses Retabels von vielen Touristen besucht, auch die „Kirchenroute“, eine offizielle Radwanderstrecke durch die Region, macht in Schönkirchen Halt. Durch regelmäßige Gottesdienste, häufige Taufen, Trauungen, Trauerfeiern und Konzerte steht die Marienkirche auch im Mittelpunkt eines regen Gemeindelebens. „Gut 60 Prozent der rund 6200 Einwohner von Schönkirchen gehören zur Gemeinde“, weiß Johannsen, „die Kirche ist nicht nur baulich, sondern auch im Bewusstsein der Menschen hier mitten im Dorf verankert“.
Auch in früheren Zeiten gingen zahlreiche Persönlichkeiten in St. Marien ein und aus. Zum Beispiel die Eheleute Magdalena und Johann Joachim Kühl (1747 – 1820), die auf dem Alten Kirchhof von St. Marien begraben liegen. Der Unternehmer soll während der Kontinentalsperre für Napoleon Holz nach England geschmuggelt haben; die gemeinsame Tochter Dora heiratete 1810 einen Offizier Napoleons, der wiederum fünf Jahre später beschloss, den Feldherrn vor der englischen Gefangenschaft zu retten und ihn auf einem Schiff seines Schwiegervaters nach New York zu entführen. Napoleon, anfangs angetan von diesem Fluchtplan, entschied sich später allerdings bekanntlich für Verhandlungen mit England.
Aus der stattlichen Reihe ehemaliger der Gemeindepastoren, an die eine kleine Bildergalerie im Kirchenschiff erinnert, sticht Ernst Mühlenhardt hervor, nicht seiner eher schlichten Erscheinung wegen, sondern weil er neben seiner Tätigkeit als Pastor, die er von 1877 – 1918 ausübte, ein weiteres Amt bekleidete: Er war Lehrer der letzten deutschen Kaiserin Auguste Victoria.
Ebenfalls bei St. Marien begraben sind der deutsche Diplomat Kuno Otto Heinrich Hermann Karl Graf zu Rantzau (1843 – 1917), der die Tochter Bismarcks, Marie Gräfin von Bismarck-Schönhausen, geheiratet hatte, sowie zahlreiche Mitglieder der Familie Howaldt, die 1838 in Kiel die größte deutsche Werft, die heutigen Howaldtswerke-Deutsche Werft GmbH (HDW) gründete.
Seit 2010 nun wird die beliebte und belebte Kirche in Schönkirchen restauriert. Nach dem Einbau eines Heizungskessels und der Sanierung des Turmes, die in Kürze beendet sein soll, konzentrieren sich die Arbeiten in der dritten Phase in diesem Jahr auf das Innendach der Kirche. Rund 448.000 Euro werden die Arbeiten kosten, auch die Stiftung KiBa engagiert sich: mit 25.000 Euro. Voraussichtlich von Anfang Juni an wird der Zutritt zur Marienkirche gesperrt sein. Marianne Johannsen erklärt: „Auch im Inneren werden Gerüste aufgebaut, das Dach wird teilweise abgedeckt. Schon aus Sicherheitsgründen muss die Kirche dann geschlossen bleiben.“ Die Gottesdienste werden während dieser Zeit in der ebenfalls zur Gemeinde gehörenden Kirche im Nachbarort Mönkeberg stattfinden, für besondere Anlässe sind weitere Kirchen in den umliegenden Gemeinden und sogar eine Tenne in einem Schönkirchener Bauernhaus reserviert. Spätestens zum Tag des Offenen Denkmals am 9. September soll St. Marien dann wieder geöffnet sein.