Nachhaltige Erinnerung an den „Apostel des Nordens“
St. Anschar im schleswig-holsteinischen Münsterdorf
„Apostel des Nordens" wird der Heilige Ansgar genannt. Er lebte in den Jahren von 801 bis 865 und wirkte als Missionar in Schweden, Dänemark, Hamburg und Schleswig-Holstein. Dass er dabei auch in das heute 2000 Seelen zählende Örtchen Münsterdorf kam, kann nicht bewiesen werden – die Münsterdorfer sind trotzdem davon überzeugt. Die Kirche des Ortes, die die Stiftung KiBa als „Kirche des Monats September“ würdigt, soll daran erinnern: Sie trägt seinen Namen. Bewusst sei bei der erst im Jahre 1980 erfolgten Namenswahl der Kirche nicht der hochdeutsche Name Ansgar, sondern die altniederdeutsche Fassung Anschar gewählt worden, um der Tradition der plattdeutschen Muttersprache der ansässigen Landbevölkerung Rechnung zu tragen, berichtet der Pastor der Gemeinde, Ralf Greßmann. Unabhängig davon, ob der Heilige nun tatsächlich in Münsterdorf wirkte oder nicht, ist Ansgar ein guter Namenspatron, meint Greßmann. Nicht nur, dass er sich für Arme und gegen die Sklaverei einsetzte: „Sein Mut, für die christliche Sache einzutreten, und seine Demut, nicht nur auf vordergründige Missionserfolge zu setzen, sondern auch auf eine längerfristige und nachhaltige Wirkung zu bauen, zeichneten Ansgar aus."
St. Anschar Münsterdorf
St. Anschar Münsterdorf
St. Anschar Münsterdorf
St. Anschar Münsterdorf
Die Kirchengeschichte des Ortes Münsterdorf im schleswig-holsteinischen Kreis Steinburg lässt sich bis ins 9. Jahrhundert, also der Zeit, in der Ansgar missionierte, zurückverfolgen. Vor diesem Hintergrund mutet die 1871 erbaute Kirche beinahe jung an. Entsprechende Briefe aus dieser Zeit machen deutlich, dass der Vorgängerbau an dieser Stelle, der immerhin aus dem Jahr 1601 stammt, derart baufällig war, dass ein Besuch offenbar nur mit dem nötigen Gottvertrauen bewerkstelligt werden konnte. Da man in Münsterdorf beim Kirchgang aber nicht um Leib und Leben fürchten wollte, entschloss man sich, einen Neubau zu errichten.
Ganz so schlimm, sagt Greßmann, steht es mit der St. Anschar-Kirche heute zwar noch nicht, aber die Gemeinde setze alles daran, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Ganz dem Streben des Namenspatrons nach Nachhaltigkeit entsprechend wird nun seit dem Sommer das Kirchendach großflächig saniert. 278.000 Euro waren dafür insgesamt aufzubringen; die Stiftung KiBa steuert in diesem Jahr 16.000 Euro bei. Die Arbeiten beinhalten im Wesentlichen eine komplette Dachneueindeckung des Kirchenschiffes; dabei werden Fäulnisschäden beseitigt, Holzschutzmaßnahmen getätigt und Holzfaserdämmplatten eingebracht.
St. Anschar ist ein Ziegelbau im neugotischen Stil des 19. Jahrhunderts mit geschlossenem Chorteil und einem Westturm. Größere Veränderungen hat der in einem Zug entstandene Bau bis heute kaum erfahren – ein seltener und glücklicher Umstand. Auch die wesentlichen Ausstattungsstücke im Inneren der Kirche stammen vorwiegend aus der Zeit der Errichtung. So zeigt das Altarbild den gekreuzigten Christus in einer Version des Künstlers Rudolf Nonnenkamp (1826-1877), die Orgel stammt vom Orgelbauer Nagel aus Itzehoe und wurde um 1875 geschaffen. Taufstein und Abendmahlskelch sind indessen aus der Vorgängerkirche überkommen. Der Kelch wurde der Gemeinde zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges gestiftet. „Seit damals ist er in der Gemeinde Münsterdorf ohne Unterbrechung im Einsatz – eine beeindruckende Kontinuität“, findet der Pfarrer. Eine „Universalkirche“ nennt er St. Anschar, in der getauft, konfirmiert, geheiratet und beerdigt wird. „Das ganze gemeindliche Leben kommt hier vor, dies ist unglaublich wertvoll." Aber auch für die Unterstützung durch Menschen, denen es nicht in erster Linie um den Erhalt der Kirche Ort des Gottesdienstes, sondern als bauliches Denkmal ging, ist er sehr dankbar: „Ich hätte nicht gedacht, dass sich so viele Leute auf unterschiedlichste Weise für die Sanierung der Kirche einsetzen würden.“ (Nachhaltigkeit ist eben nicht nur etwas für Heilige.)