„Wir wollen die Kirche auf jeden Fall behalten“
KiBa-Kirche des Monats September 2023 in Schweinitz
Wissen Sie, was ein Heidereiter ist? Der Begriff, der ein bisschen nach Kinderlied klingt, bezeichnet einen historischen Beruf. Er entstand, als Mitte des 16. Jahrhunderts Forstordnungen erlassen wurden, die die Nutzung von Wäldern regelten. Männer, die mit diesem Beruf betraut wurden, hatten die jeweilige Forstordnung durchzusetzen und zum Beispiel gegen Wilderei und Holzdiebstahl vorzugehen. Sie waren also einerseits „frühe Förster“, mussten aber zusätzlich Steuern eintreiben und die jeweiligen Gebietsgrenzen sichern. Wer ein kleines Waldstück zu beaufsichtigen hatte, musste das zu Fuß tun („Heideläufer“), bei größeren Gebieten gehörte ein Pferd zur Berufsausstattung.
Wie erfolgreich der königlich preußische Heidereiter Hans Jacob Sembach seinen Job erfüllte, ist nicht überliefert. Dass sein Name bis heute bekannt ist, hängt nicht mit seinen beruflichen Qualifikationen, sondern mit der Dorfkirche in Schweinitz (Sachsen-Anhalt) zusammen. Diese nämlich – in der Region „Heidereiterkirche“ genannt - hatte Sembach offensichtlich ebenfalls unter seine Fittiche genommen. Eine Inschrift aus dem Jahr 1736 bezeugt, dass er für eine umfassende Erneuerung des Feldsteinbaus sorgte. Unter der Westempore befinden sich Grabsteine für ihn und seine Frau.
Dorfkirche Schweinitz
Dorfkirche Schweinitz
Dorfkirche Schweinitz
Dorfkirche Schweinitz
Dorfkirche Schweinitz
Dorfkirche Schweinitz
Würde der Hans Jacob Sembach heute leben, wäre er sicherlich Mitglied im Heimatverein Schweinitz. Denn dort sind diejenigen versammelt, die sich für die aktuell notwendige Sanierung des Kirchleins engagieren: „Der Verein setzt sich dafür ein, die Dorfgemeinschaft zu stärken und wünscht sich, dass die Kirche wieder in neuem Glanz erstrahlt“, sagt Pfarrer Georg Struz. Der Theologe, der 18 Kirchen in der Region mitbetreut, ist dankbar für diese Unterstützung. Kleinere Arbeiten und die Reinigung des Gotteshauses werden selbstverständlich übernommen, berichtet er; bei allen Veranstaltungen im Dorf – vom Sommerfest bis zum Bläserkonzert im Advent – „geht außerdem die Sammelbüchse herum“. Georg Struz ist sich im Klaren darüber, dass die Gelder, die bei solchen Gelegenheiten zusammenkommen, nicht wirklich ausreichen: „Da könnten wir sicher hundert Jahre lang sammeln“. Aber der Theologe weiß auch, dass die Spendenaktionen trotzdem wichtig sind, „um Solidarität zu wecken und die Kirche wieder in den Blick der Menschen zu rücken“.
Der kleine Feldsteinbau, der vermutlich aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammt, befindet sich im Südwesten von Schweinitz auf einem ummauerten Plateau. Als Raum für Gottesdienste und Dorf-Veranstaltungen aller Art ist er ohne Zweifel „ein Mittelpunkt für den Ort“, sagt der Pfarrer, der die schlichte, nachreformatorische Ausstattung des Gotteshauses schätzt. Zu DDR-Zeiten wenig gepflegt, hat es indes sichtbar gelitten: Regen dringt in den Dachstuhl, Fäulnis breitet sich im Dach aus. „Wir werden komplett alles herunternehmen“, sagt Georg Struz, der die Probleme aus anderen Dörfern kennt und schon fast klingt wie ein Fachmann: „Die Sparren sind neu einzuspuren und wir müssen auch nachsehen, ob die Mauerkronen in Ordnung sind.“ Eine große Aufgabe, für die rund 280.000 Euro veranschlagt sind. Die KiBa fördert das Vorhaben mit 15.000 Euro.
Noch fehlen Zusagen für wichtige Fördergelder, doch der Pfarrer hofft, dass die Arbeiten Ende des Jahres beginnen können. Wie viele in Schweinitz möchte er die kleine Dorfkirche, „in der man sich wohlfühlt, auf jeden Fall behalten“. Heidereiter Sembach hätte es sicher ähnlich ausgedrückt.