Dorfkirche Warsow (Mecklenburg-Vorpommern)
Dorfkirche Warsow (Mecklenburg-Vorpommern)

Von Taufengeln und „Notnägeln“

Kirche des Monats Juli 2025 in Warsow

Ein gemütlicher „Wiener Abend“ sollte es werden, mit Klavier und Harmonium und Musik von Richard Strauss bis Udo Jürgens. Der ehemalige Kantor hatte sich angesagt, bereit, alle und alles zum Schwingen zu bringen. Doch der erwählte Ort des Musikgeschehens, die Dorfkirche Warsow in Mecklenburg-Vorpommern, zeigte sich einen Tag vor dem geplanten Event gar nicht festlich, sondern: verstaubt. „Alles war grau, die Polster der Sitzbänke, der Boden, der Staub saß in allen Ritzen“, erinnert sich Pastorin Wiebke Frauen. Noch mehr in Erinnerung geblieben ist ihr aber der Umstand, dass sich in dieser bedrückenden Lage spontan fünf Gemeindemitglieder fanden, die dem Schmutz so rechtzeitig wie energisch zu Leibe rückten. „Das war großartig. Was Menschen spontan neben Beruf, Kindern und allem Alltagsstress für die Kirchengemeinde leisten! Am Ende gab es ein Konzert mit Standing Ovations“.

Einige Musikaufführungen, klassische wie moderne, werden im Gotteshaus zu Warsow geboten und seit Jahren geht der Erlös solcher Veranstaltungen in den Topf, der für die Sanierung der Kirche eingerichtet wurde. Denn das Gebäude hat Instandhaltung bitter nötig: Dach und Mauern von Schiff und Chor müssen umfassend restauriert werden, auch die Fassade braucht eine neue Fasson.

Angesichts der langen Geschichte der Warsower Kirche scheint dies nicht zu viel verlangt. Als das Dorf um 1345 erstmals urkundlich erwähnt wurde, könnte das Kirchengebäude schon gestanden haben; der gotische Feldsteinbau mit Strebepfeilern aus Backstein stammt vermutlich aus dem 13. Jahrhundert. Die ursprünglich geschlossene Gewölbedecke wurde später mit einer flachen Holzdecke überspannt. Auch der Turmaufsatz aus Fachwerk auf dem westlichen Dachgiebel kam einige Jahrhunderte später hinzu (im 18. Jahrhundert). Sehr alt sind dagegen die Glocken im Turm, die in den Jahren 1399 und 1474 entstanden. Bis heute erhalten sind außerdem Kanzel und Gestühl, sowie das Taufbecken aus dem geschichtsträchtigen Jahr 1892. Eine „himmlische“ Besonderheit ist der hölzerne Taufengel, der nach Bedarf von der Decke über das Becken herabgelassen werden und eine Taufe damit noch spektakulärer wirken lassen kann. „Das hört sich dann zwar an, als ob die gesamte Decke herunterkäme, macht die Taufe aber wirklich sehr schön“, betont Wiebke Frauen.

Dorfkirche Warsow

Dorfkirche Warsow

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Dorfkirche Warsow

Dorfkirche Warsow

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Der erste Bauabschnitt in Warsow, die Instandsetzung von Dach und Fassade des Kirchenschiffs, soll noch in diesem Jahr beginnen. Der Start wird sich in die zweite Jahreshälfte schieben, weil die Ausführungsplanung noch nicht beendet ist – und vor allem, weil sich den Vorarbeiten wichtige Notsicherungen anschließen mussten: Einige Fußpunkte des Dachstuhls, die auf der Schwelle hätten aufliegen sollen, waren gänzlich durchgerottet, berichtet die Pfarrerin. „Es war nur noch ‚Humus‘, man hätte Blumen darin pflanzen können.“ Hier sorgten Fachleute mit entsprechenden Zangen rasch für Stabilität. Als Nächstes wurde die Holzdecke des Gotteshauses an vier Stellen geöffnet, um zu sehen, wie es um die Befestigung an dem ursprünglichen, barocken Deckenboden bestellt war. Spoiler: Schlecht war es darum bestellt. Auch hier musste mit einigen nicht nur sprichwörtlichen „Notnägeln“ Abhilfe geschaffen werden.

In der Gemeinde nimmt man es gelassen. „Lieber vorher ordentlich nachschauen als hinterher böse Überraschungen erleben“, meint Wiebke Frauen. Insgesamt werden sich die Bauarbeiten im ersten Bauabschnitt auf rund 335.000 Euro belaufen; die Stiftung KiBa fördert die Maßnahmen mit 15.000 Euro.

Dass sich die Investition in Stabilität und Gastlichkeit des Gotteshauses lohnt, davon ist die Pfarrerin überzeugt. Nach der Sanierung des Turmes vor einigen Jahren funktioniert das Ensemble schon jetzt für sehr viele Arten der Nutzung: Der neugotische Kirchenraum wird durch den modernisierten Turm ergänzt, in dem – Heizung, Küche und WC sei Dank – Wintergottesdienste wie Kinoabende in schönem Ambiente veranstaltet werden. Auch das Kirchenkaffee hat an Attraktivität gewonnen. So zeigt sich im Kleinen, was für die gesamte Kirche gelten soll: „Die Menschen bleiben gern.“