Am Adventskranz brennt die erste Kerze
Am Adventskranz brennt die erste Kerze Florii_N auf Pixabay

„Wie soll ich Dich empfangen?“

Wissenswertes über die Adventszeit

„Wie soll ich dich empfangen und wie begegn ich dir, o aller Welt Verlangen, o meiner Seelen Zier?“ Von Paul Gerhardt stammt der Text zu einem der bekanntesten Lieder der Adventszeit. In diesem Jahr beginnt sie mit dem 3. Dezember mit dem ersten Adventssonntag. Bis zu ihrer heutigen Form des Advents war es ein weiter und manchmal steiniger Weg. Wie ist es eigentlich dazu gekommen?

Wann beginnt eigentlich der Advent und wie lange dauert er? Die Alte Kirche hatte im Frühchristentum – vermutlich ab der Mitte des 4. Jhds. – eine Fastenzeit festgelegt, die vom Martinstag am 11. November bis zum Epiphaniasfest am 6. Januar gedauert hat. Anfangs wurde jedoch nur an drei Tagen der Woche gefastet, später dann an allen Tagen – mit Ausnahme von Sonnabend und Sonntag. Das wäre heute schwer durchzusetzen – ist doch die Adventszeit von vielerlei kulinarischen Genüssen geprägt. So manche Spezialität gibt es auch (eigentlich) nur in dieser Zeit. Was den Einzelhandel natürlich nicht davon abhält, das eine oder andere Produkt bereits Anfang September auf den Markt zu bringen.

Die ursprüngliche adventliche Fastenzeit – als Vorbereitung auf die Geburt Christi – war mit vierzig Fastentagen die Parallele zur Passionszeit, die auf Ostern und damit die Auferstehung Jesu hinleitet. Entwickelt hat sich diese Tradition zunächst in der Ostkirche, später auch im Westen. Spanien und das heutige Frankreich haben sie als erste übernommen.

Insgesamt ist diese achtwöchige Zeit ambivalent: zum einen herrscht die freudige Erwartung vor, das Christus Mensch wird. Das ist die frohe Botschaft, wie sie im 5. und 6. Jahrhundert aus Rom und Ravenna zu vernehmen ist. Gleichzeitig sprechen irische Missionare wie Columban von Luxeuil  - nicht zu verwechseln mit dem Heiligen Kolumban, der Schottland missionierte – aber auch vom Jüngsten Gericht und von der Wiederkehr Christi zur Endzeit. Zumindest ist das die westeuropäische Lesart. Damit gehören zur Adventszeit also einerseits zur Vorfreude und andererseits zur stillen Einkehr und Buße. Dieser Widerspruch findet sich noch heute in der Liturgie der Adventssonntage.

Wochensprüche bestimmen den Charakter

In der evangelischen Kirche bestimmen die Wochensprüche die Ausrichtung der Sonntage:

  1. Der Erste Advent erzählt vom Einzug in Jerusalem (Mt 21,1–11, Psalm 24). Wie sollen wir den Heiland empfangen? Paul Gerhardts Choral von 1653 in der Melodie von Johann Crüger (EG 11) wird gesungen, ebenso wie Luthers „Nun komm, der Heiden Heiland“ (EG 4) auf die Melodie des Ambrosius von Mailand.
  2. Der Zweite Advent spricht von Erlösung und vom Kommen des Menschensohns (Lk 21,25–28): Der Evangelist beschreibt sichtbare Zeichen an Sonne, Mond und Sternen – die Kräfte des Himmels werden erschüttert und das Meer tobt. „O Heiland, reiß die Himmel auf“ (EG 7) ist die passende musikalische Untermalung.
  3. Am Dritten Advent betritt Johannes der Täufer als Wegbereiter die Bühne. „Bereitet dem HERRN den Weg, denn siehe, der HERR kommt gewaltig“, heißt es beim Propheten Jesaja (Jes 40,3.10). „Die Nacht ist vorgedrungen“ (EG 16) - gedichtet von Jochen Klepper und vertont von Johannes Petzold - weist schon auf das nahe Weihnachtsgeschehen hin und erzählt vom Licht des anbrechenden Tages, das Paulus im Brief an die Römer beschreibt (Röm 13,11–12).
  4. Gewaltige Vorfreude herrscht am Vierten Advent: „Freut euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“ (Phil 4,4.5b). Gesungen wird zum Beispiel „Nun jauchzet all ihr Frommen“ (EG 9), mit dem Text von Michael Schirmer und der Musik von Johann Crüger. Das ist quasi das Gegenstück zum fast triumphalen „Macht hoch die Tür“ (EG 1), das vom „Herrn der Herrlichkeit“ erzählt, während Schirmer dagegen die Niedrigkeit Christi betont, der ohne stolze Pracht für uns zum Opfer „auf einem Eselein “daherkommt. Die Anspielung auf die Passion ist offensichtlich.

Der Straßburger Adventsstreit

Eine vierwöchige Adventszeit hatten König Pippin der Jüngere (714-768) und sein Sohn Karl der Große (747-814) angeordnet. Damit griffen sie die Tradition von Papst Gregor dem Großen (540-604), der einst die Zahl der Adventssonntage auf vier festgelegt hatte. Diese Zahl sollte symbolisch an die viertausend Jahre zu erinnern, die – nach damaliger Auffassung – zwischen dem Sündenfall und der Wiederkehr des Erlösers liegen sollten. Wirklich befolgt wurde diese Regelung in der westlichen Kirche allerdings nicht, so manche Diözese hielt an fünf oder sechs Wochen Advent fest.

Erst Konrad II. (990-1039), der ab 1024 auf dem Kaiserthron Ostfrankenreichs saß, sorgte 1038 für klare Verhältnisse: auf der Synode zu Limburg wurde in seiner Anwesenheit beschlossen, dass es künftig nur noch vier Adventssonntage geben werde, so dass der erste Advent stets zwischen dem 27. November und dem 3. Dezember liege.

Der Synodaltagung war der „Straßburger Adventsstreit“ vorausgegangen. Auf der Rückreise von Burgund nach Goslar war Kaiser Konrad bei seinem Onkel zu Gast, dem Straßburger Bischof Wilhelm. Der feierte just an diesem Tag – man schrieb den 26. November – den ersten Advent. Nach Konrads Verständnis eindeutig eine Woche zu früh. Das verärgerte den Kaiser dermaßen, dass er dem Gottesdienst fernblieb. Schließlich sei er in seiner Rolle als „Bewahrer des Christentums“ dazu verpflichtet, in seinem Reich die Einheit des Glaubens und der gottesdienstlichen Praxis zu sichern. Womöglich werde gar Gott selbst infrage gestellt, wenn es keine Einigkeit in Glaubensfragen gäbe!

Aus heutiger Sicht wird man dem Kaiser aber auch ein gewisses Eigeninteresse zugestehen – mit Blick auf eine drohende Kirchenspaltung durch den Adventsstreit haben sicher auch handfeste politische Gründe eine Rolle für Konrads Entscheidung gespielt.

Wirklich rechtsverbindlich – sofern einem das kaiserliche Machtwort und der Synodalbeschluss nicht ausreichte – wurde die Regelung allerdings erst 1570 unter Papst Pius V. im Rahmen des Konzils von Trient. Die Orthodoxen Kirchen spielen dabei bis heute nicht mit, sie haben die sechswöchige Adventszeit beibehalten.

„Unser Advent“ dagegen hat seine vier Sonntage. Und am 3. Dezember ist der erste davon.