Dorfkirche Rogäsen im Kreis Potsdam-Mittelmark (Brandenburg)
Dorfkirche Rogäsen im Kreis Potsdam-Mittelmark (Brandenburg) Heidrun Fleege

Der Dorfkirche Rogäsen fehlt die Stimme

Historisches Geläut in Potsdam-Mittelmark soll wieder hergestellt werden

Das Dorf Rogäsen liegt zwischen Wusterwitz und Ziesar – dort wo die Karower Platte zum Fiener Bruch abfällt. Die ausgedehnte Niederung des Fiener Bruchs war bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts ein Sumpfgebiet. Das Bruch hat bei Rogäsen seine schmalste Stelle. Die preußische Heerstraße Brandenburg – Magdeburg querte daher nicht zufällig hier den Sumpf - und zwar auf einem Knüppeldamm. Es ist belegt, dass König Friedrich II. bei der Rückkehr von einer Truppenschau aus Magdeburg in Rogäsen eine längere Rast einlegen musste, weil ein Rad der königlichen Kutsche gebrochen war. Der damalige Gutsherr und Landrat Dietrich von Werder erhielt in der Folge den Auftrag, das Bruch trockenzulegen, um es als Weideland nutzbar zu machen. Der Knüppeldamm bekam eine Pflasterdecke. Der Neubau des Gutshauses (1765) wurde ebenfalls vom König unterstützt. Der Gutsherr war als Patron auch für die Erhaltung der Dorfkirche verantwortlich.

Die Baugeschichte der Dorfkirche ist vielfältig. Sie wurde zu Anfang des 13. Jahrhunderts einschließlich des schiffsbreiten Turms aus behauenen Feldsteinen im romanischen Stil errichtet. Wohl schon wenige Jahrzehnte später wurde das Kirchenschiff um den eingezogenen Chor erweitert. Der heutige spätgotische Turmschaft ist auf die Zeit um 1500 zu datieren. Nach dem 30-jährigen Krieg, also in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, kam es zu einer Überformung im barocken Stil. Die Kirche bekam größere Fenster. Der Chor wurde verlängert und erhielt beidseitig zu Emporen führende Außentreppen. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde an den Chor die halbrunde Apsis angefügt. Der Innenraum erhielt eine neue Farbgestaltung. Das Fachwerk des Turmaufsatzes wurde mit Backsteinmauerwerk verkleidet.

In der Zeit der DDR verschlechterte sich wegen unterlassener Erhaltungsmaßnahmen der bauliche Zustand der Kirche. Zuerst wurden Anfang der 1970er-Jahre die Gottesdienste eingestellt. Im Juni 1978 forderte dann die staatliche Bauaufsicht die Kirchengemeinde auf, an der vom Hausschwamm befallenen und einsturzgefährdeten Dach- und Deckenkonstruktion Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen. Die Gemeinde sah keine Chance, Mittel zur Sanierung der befallenden Hölzer aufzubringen, und entschied sich schließlich für den Abriss der Decken und Dächer über dem Kirchenschiff und dem Chor. Nur das kegelförmige Dach über der Apsis blieb erhalten. Zum Glück wurde die Mauerkrone mit einem Betonkranz gesichert. Die gesamte Innenausstattung ging aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen verloren. In den folgenden 38 Jahren standen die Umfassungsmauern von Kirchenschiff und Chor als Ruine mitten im Dorf. Im Kirchenschiff wuchsen Büsche und Bäume.

Die Kirchengemeinde hat sich mit diesem Zustand nie abgefunden. Mit Unterstützung des Förderkreises Alte Kirchen Berlin-Brandenburg fanden ab 2001 in der Kirchenruine ein Benefizkonzert und zwei Theater-Aufführungen statt. Die aus Rogäsen stammende Architektin Heidrun Fleege erstellte ein mehrstufiges Konzept zur Sicherung der baulichen Substanz und zur Wiederherstellung des Kirchenraumes. Als erster Bauabschnitt wurde 2004 der Turm instandgesetzt.

Im Jahr 2014 gelang es, Mittel aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes zu akquirieren, auch die Stiftung KiBa hat über die Stiftung Brandenburgische Dorfkirchen gefördert. Kirchenschiff und Chor erhielten ein neues Dach, einfache Glasfenster und einen schlichten Ziegelboden. Es stellte sich heraus, dass der neue Innenraum über eine ausgezeichnete Akustik verfügt. Im Mai 2017 konnte die Rogäsener Kirche mit einem Festgottesdienst wieder in Dienst genommen werden. Superintendentin Ute Mertens stellte fest, dass die Kirche nie entwidmet wurde, also immer ein Gotteshaus gewesen sei und künftig bleiben werde. Die Kirchengemeinde Rogäsen erhielt in demselben Jahr den Denkmalpreis des Landes Brandenburg.

Pfarrer Holger Zschömitzsch berichtet, dass der Versuch, die Dorfkirche in Rogäsen als „Kulturkirche“ zu etablieren, an zu geringem Besuch der angebotenen Veranstaltungen scheiterte. Der von ihm betreute Pfarrbereich umfasst drei Kirchspiele mit 16 Dorfkirchen. An regelmäßige Gottesdienste in der Rogäsener Kirche ist daher nicht zu denken. Es wird hier immerhin jährlich zu Pfingsten ein Regionalgottesdienst gefeiert. Außerdem finden Taufen, Hochzeiten und Trauerfeiern statt. Die alte Taufschale hat sich erhalten und findet nun wieder Verwendung. Frau Ulrike Schlieper, die Vorsitzende des Gemeindekirchenrats erklärt, es sei in der Diskussion, die Dorfkirche in Rogäsen für spontane Gäste zu öffnen, denn Rogäsen liegt an einer belebten Durchgangsstraße und an dem regionalen Radweg „Bunter Dörferweg“.

Im Turm der Rogäsener Dorfkirche befand sich ursprünglich ein aus drei Bronzeglocken bestehendes Geläut. Die erhaltene mittlere Glocke wird auf die Mitte des 14. Jahrhunderts datiert. Sie trägt eine gespiegelte Inschrift in gotischen Majuskeln, die als „O rex gloriae veni cum pace“ (O König der Ehren komm mit Frieden) entziffert wird. Die ebenfalls erhaltene größere Glocke trägt auf der Schulter die Jahreszahl 1460 sowie die Namen Jesus + Maria + Johannes. Die Glockenflanke zeigt ein Rundmedaillon mit der gekrönten, von zwei anbetenden Engeln begleiteten Gottesmutter. Die kleinere Glocke musste in einem der Weltkriege abgegeben werden. Sie war im Jahr 1685 in Magdeburg gegossen worden.

Die Dorfbewohner wünschen sich die Wiederherstellung des historischen Geläuts. Gegenwärtig dürfen die Glocken gar nicht geläutet werden, weil die Eichenholzjoche reparatur- bzw. erneuerungsbedürftig sind. Der Rogäsener Dorfkirche fehlt die Stimme. Die Kosten der Instandsetzung des Geläuts einschließlich des Nachgusses der kleinen Glocke betragen € 34.000. Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung wird die Hälfte dieses Betrages beisteuern. Das Kirchspiel und der Kirchenkreis, der Landkreis und der Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg beteiligen sich ebenfalls.

Dieser Artikel erschien zuerst im Rundbrief des Förderkreises Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V.