„Mit aller Kraft gegen den Schwamm“
Instandsetzung der Dachkonstruktion von St. Jakobi zu Luckenwalde abgeschlossen
Für die einen ist sie ein beeindruckendes Beispiel für den Übergangsstil der Wilhelminischen Ära in der Architektur mit romanischen und gotischen Elementen, für die anderen ist sie einfach das Wahrzeichen von Luckenwalde. Auf jeden Fall ist die Stadtkirche St. Jakobi einen Besuch wert!
Errichtet wurde die neogotische Kirche zwischen 1892 und 1894 nach Plänen von Professor Friedrich Adler aus Berlin. Die seit 1850 stetig wachsende Bevölkerung von Luckenwalde im Kreis Teltow-Fläming (Brandenburg) hatte den Neubau einer größeren Kirche nötig gemacht. Kaiserin Auguste Victoria, Gattin von Wilhelm II., übernahm das Patronat über St. Jakobi.
Das Kirchengebäude besticht durch sein Sichtziegelmauerwerk im Kreuzverband, das durch Friese, Blendfenster und Strebepfeiler strukturiert ist. Besonders ins Auge fällt auch die Höhenstaffelung des Chors, die durch den Anbau der Sakristei und der Nebeneingänge betont wird. Im Innenraum ziehen die bleiverglasten Buntglasfenster, der Marmoraltar und die hölzerne Kanzel die Blicke auf sich. Die weitgespannten Sterngewölbe und kräftigen Strebepfeiler sind charakteristische Merkmale der Neogotik.
Über die hölzerne Empore, die erst in den vergangenen Jahren restauriert wurde, gelangt man zur begehbaren Orgel. 1894 wurde das Instrument von den Gebrüdern Dinse gebaut – damals noch mit zwei Manualen. 1940-43 wurde sie durch die Orgelbauanstalt Gustav Heinze auf drei Manuale erweitert. Mit 44 klingenden Registern ist sie die größte Orgel in Luckenwalde.
Der quadratische Westturm der Kirche ragt fast 72 Meter in die Höhe. Von den ursprünglich drei Glocken ist nur die kleinste erhalten geblieben, die anderen beiden mussten im Ersten Weltkrieg abgegeben werden und wurden eingeschmolzen. Später ersetzte man sie durch neue Glocken der Firma Schilling und Söhne. Die Sanierung des Turms begann 2009 und wurde in den folgenden Jahren abgeschlossen. Ein technisches Wunderwerk der damaligen Zeit ist die Turmuhr Berliner de Großuhrenfabrik C. F. Rochlitz: 1893 wurde sie auf der Weltausstellung in Chicago präsentiert. Dort schmückte sie den Turm des Deutschen Hauses, bevor sie nach Luckenwalde kam.
2022 begann die Dachsanierung von St. Jakobi mit dem ersten Bauabschnitt, die Stiftung KiBa hat die Maßnahmen damals mit 10.000 Euro gefördert. Im Zuge des nun abgeschlossenen zweiten Bauabschnitts wurde die Dachkonstruktion der Querhäuser sowie des Kirchenschiffs umfassend instandgesetzt. Auch hier hat die KiBa wieder mit 10.000 Euro unterstützt.
Gerüststellung für den zweiten Bauabschnitt (c) Seemann / Fritz
Innengerüste an der Mauerwerkskrone ermöglichen den Zugang (c) Seemann / Fritz
Schutz der Dachkonstuktion mit Baufolie vor Witterungseinflüssen (c) Seemann / Fritz
Der Vierungsbereich wird eingerüstet (c) Seemann / Fritz
Deutliche Schäden: Kernfäule durch Befall mit Echtem Hausschwamm (c) Seemann / Fritz
Zusätzliche Kanthölzer auf den Deckenbalken sichern die Streben (c) Seemann / Fritz
Schwammbekämpfung nach Freilegung der Dachkonstruktion (c) Seemann / Fritz
Erneuerung der Entwässerung sowie der Mauerwerksverwahrung in Kupfer (c) Seemann / Fritz
Sämtliche Gewölbe wurden von Schutt gesäubert (c) Seemann / Fritz
Zunächst wurden innen und außen Gerüstarbeiten durchgeführt, um die betroffenen Bereiche zu sichern. Die Zimmererarbeiten umfassten die Instandsetzung der Dachkonstruktion, einschließlich der Sanierung geschädigter Konstruktionshölzer und Verbindungen. Ebenso wurden die Laufgänge im Dachraum gesichert, temporäre Stege installiert und die Schwelle erneuert, nachdem das Mauerwerk mit einem Schwammsperrmittel behandelt worden war.
Das Ausmaß der Schäden, die der Echte Hausschwamm am Dachstuhl bereits angerichtet hatte, wurden spät sichtbar: Erst als die Konstruktionshölzer frei zugänglich waren, war die massive Kernfäule zu sehen. Genau das macht den Hausschwamm so gefährlich, weil Schädigungen nicht sofort sichtbar sind. „Mit aller Kraft gegen den Hausschwamm“ wurde somit zum Leitsatz bei der Dachsanierung – eine essenzielle Maßnahme, um die strukturelle Integrität der Jakobikirche sicherstellen.
Die alten Dachdeckungen und Entwässerungssysteme wurden entfernt und durch neue, dem historischen Vorbild entsprechende Materialien ersetzt – in enger Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden. Dazu gehörte vor allem die Neueindeckung des Kirchenschiffs mit Hohlpfannen im historischen Design sowie die Einbindung eines Verlegemusters entlang des Firsts und der Traufe. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf den Schutz vor Witterungseinflüssen gelegt, indem beispielsweise Kupferelemente für Entwässerung und Mauerwerksanschlüsse verwendet wurden. Zudem erhielt die Kirche eine neue Blitzschutzanlage. Abschließend erfolgten umfangreiche Maurerarbeiten, bei denen das Mauerwerk gereinigt und schadhafte Ziegel sowie Fugen erneuert wurden.
Mit der erfolgreichen Schwammsanierung ist die langfristige Erhaltung von St. Jakobi sichergestellt. Die Menschen vor Ort engagieren sich gemeinsam mit dem lokalen Förderverein in einem hohen Maß an Eigenverantwortung und Tatkraft. Die Stadtkirche ist und bleibt ein geistliches Zentrum von Luckenwalde, ein wichtiger Ort für große Festgottesdienste, kulturelle Veranstaltungen, Konzerte und Ausstellungen.