Jungfrau-Maria-Kirche zu Weira im Saale-Orla-Kreis (Thüringen)
Jungfrau-Maria-Kirche zu Weira im Saale-Orla-Kreis (Thüringen)

Von Holzverbindungen und Knotenpunkten

Meisterhafte Zimmermannsarbeit aus dem 18. Jhd. an der Dorfkirche Weira

Hoch auf einer Anhöhe im Herzen des kleinen Dorfes Weira im thüringischen Saale-Orla-Kreis erhebt sich die imposante Jungfrau-Maria-Kirche, die seit dem 15. Jhd. das Leben der Gemeinde begleitet. Dachtragwerk und -deckung an Schiff und Turm waren seit Jahren in desolatem Zustand, im letzten Jahr konnte die Sanierung abgeschlossen werden. Kürzlich ist die Dokumentation eingetroffen.

Für das kleine Dorf – Weira zählt weniger als 400 Einwohner – ist die Kirche ungewöhnlich groß. Sie besteht aus einem massiven Turm, einem weitläufigen Langhaus und einem nördlichen Anbau, der einst als Bahrenhaus diente. Ihre Architektur im Übergangsstil von der Romanik zur Gotik verleiht ihr einen besonderen Charakter.

Im Inneren der Kirche befindet sich ein Kirchsaal, der durch seine historische Ausstattung beeindruckt. Der Kanzelaltar von 1789 und die holzgetäfelte, bemalte Decke im Langhaus aus dem 17. Jhd. sind kunsthistorische Schätze. Besonders bemerkenswert ist das Kruzifix aus Holz, das aus dem 14. Jhd. stammt und als stiller Zeuge der langen Geschichte der Kirche gilt. Unter der Empore wurde noch zu DDR-Zeiten ein Gemeinderaum eingerichtet, der nach wie vor gut genutzt wird.

Der wuchtige Turm mit seinem achteckigen Helm und den vier Ecktürmen prägt das Ortsbild von Weira. Mit seinen stolzen 46 Metern Höhe diente er einst als Wehrturm, die Wetterfahne an der Spitze trägt die Jahreszahl 1489. Die jüngste Sanierung am Turmdach fand erst 2015 statt – die Bausubstanz war insgesamt aber weiterhin stark sanierungsbedürftig. Besonders betroffen waren das Tragwerk des Turms und der Filialtürme sowie das Dach des Kirchenschiffes und des nördlichen Anbaus.

Gerüst am Westgiebel mit Bautafel und KiBa-Gerüstbanner

Gerüst am Westgiebel mit Bautafel und KiBa-Gerüstbanner

Kirchenschiff Südseite: Schiefer und Schalung sind demontiert, die Fläche mit Planen gesichert

Kirchenschiff Südseite: Schiefer und Schalung sind demontiert, die Fläche mit Planen gesichert

Kirchenschiff Südseite: nach der Öffnung des Dachs und der Freilegung der Mauerkrone wurden alle Schäden und Defizite sichtbar

Kirchenschiff Südseite: nach der Öffnung des Dachs und der Freilegung der Mauerkrone wurden alle Schäden und Defizite sichtbar

Die Schädigungen an Deckenbalkenköpfen und Sparrenfüßen kommen ans Licht

Die Schädigungen an Deckenbalkenköpfen und Sparrenfüßen kommen ans Licht

Instandgesetzte Deckenbalkenebene

Instandgesetzte Deckenbalkenebene

Instandgesetzte Decken- und Dachkonstruktion (Blickrichtung West)

Instandgesetzte Decken- und Dachkonstruktion (Blickrichtung West)

Schieferkehle an der Gaube

Schieferkehle an der Gaube

Die neue Schieferdeckung an der Südseite des Kirchenschiffs

Die neue Schieferdeckung an der Südseite des Kirchenschiffs

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Im April 2022 begannen umfangreiche Arbeiten. Doch schon bald stellte sich heraus, dass der Zustand des Kirchenschiffes weitaus schlechter war als angenommen - eine Verlängerung der Bauzeit wurde unumgänglich. Abschnittsweise legten die Handwerker am Dach die Balkenauflager frei, erneuerten beschädigte Mauerlatten und verstärkten die Deckenbalken. Besonders anspruchsvoll war die Erneuerung der Dachkonstruktion am nördlichen Anbau. Hier hatte man unterdimensionierte Querschnitte und massive Holzschäden festgestellt - infolgedessen musste das gesamte Dachtragwerk durch eine neue Konstruktion ersetzt werden.

Trotz aller technischen Herausforderungen stand der Erhalt der historischen Bausubstanz immer im Vordergrund. Die traditionellen Holzverbindungen und Knotenpunkte blieben erhalten, wo immer das möglich war. Die Zimmerleute im 18. Jhd. hatten sie einst meisterhaft gefertigt. Wo es sich nicht vermeiden ließ, wurde die histroische Konstruktion durch moderne ingenieurtechnische Verbindungen ergänzt. So konnte der ursprüngliche Charakter des Dachtragwerks bewahrt werden. Die Jungfrau-Maria-Kirche erstrahlt in neuem Glanz, ohne ihren alten Charme verloren zu haben. Allerdings ist die vollständige Sanierung noch nicht abgeschlossen. Weitere Untersuchungen und Sanierungsmaßnahmen werden folgen, um auch die Fassade und andere bauliche Elemente in einen sicheren und ansprechenden Zustand zu bringen.

Die Kirchengemeinde in Weira hat sich in den letzten Jahren stark verändert. 2019 wurde ein neuer Gemeindekirchenrat gewählt, der eine deutliche Verjüngung mit sich brachte. Mit seinem Durchschnittsalter von 37 Jahren bringt das neue Gremium frischen Wind und innovative Ideen in die Gemeinde. Unterstützt wird diese Entwicklung von einem jungen Pfarrer, der 2020 seine Arbeit aufgenommen hat und seitdem mit kreativen Konzepten das Gemeindeleben bereichert.

Besonders erfreulich ist die steigende Beteiligung im Dorf am Erhalt der Kirche. Unabhängig von der Konfessionszugehörigkeit bringen sich die Menschen vor Ort mit Geldspenden und ehrenamtlicher Arbeit ein. Man idientifiziert sich in Weira mit der Jungfrau-Maria-Kirche  und fühlt sich verbunden. Auf Initiative der Gemeinde wurde eine Urnengemeinschaftsanlage mit einer Steinstele für Namenstafeln errichtet. Der Ortsteil Krobitz, der ebenfalls zur Kirchengemeinde gehört, beherbergt die romanische Kapelle St. Anna aus dem 12. Jhd. Sie ist Heimat einer gasbetriebenen Feuerorgel des Künstlers Carsten Nicolai, die als Dauerleihgabe installiert wurde und Besucher aus der ganzen Region anzieht.