„Macht Hoffnung“
Am 22. November ist Buß- und Bettag
Es ist ein Tag der Umkehr und der heilsamen Neuausrichtung – der Buß- und Bettag zum Ende des Kirchenjahres. Das Evangelium für diesen Tag ist das Gleichnis vom Feigenbaum, Jesus erzählt es den Menschen im Zusammenhang mit der Frage nach Sünde und Buße.
Für jeden Sonntag im Kirchenjahr gibt es einen Abschnitt aus der Bibel für die Lesung im Gottesdienst – die so genannte Perikope. Welcher Abschnitt das ist, legt für die evangelische Kirche die Perikopenordnung fest. In einem Turnus von sechs Jahren sind die Abschnitte vorausgewählt. Die katholische Kirche handhabt das ähnlich, hier heißt das Konzept Leseordnung und hat einen dreijährigen Zyklus.
Auf evangelischer Seite ist für den Buß- und Bettag, der in diesem Jahr auf den 22. November fällt, ein Abschnitt aus dem Lukasevangelium (Lk 13, 1-9) festgelegt, worin das besagte Gleichnis vom Feigenbaum die Verse 6-9 umfasst.
Und das steht bei Lukas:
(6) Er sagte ihnen aber dies Gleichnis: Es hatte einer einen Feigenbaum, der war gepflanzt in seinem Weinberg, und er kam und suchte Frucht darauf und fand keine. (7) Da sprach er zu dem Weingärtner: Siehe, drei Jahre komme ich und suche Frucht an diesem Feigenbaum und finde keine. So hau ihn ab! Was nimmt er dem Boden die Kraft? (8) Er aber antwortete und sprach zu ihm: Herr, lass ihn noch dies Jahr, bis ich um ihn herum grabe und ihn dünge; (9) vielleicht bringt er doch noch Frucht; wenn aber nicht, so hau ihn ab.
Wir haben es hier mit eine Dreierkonstellation zu tun: der Feigenbaum, der keine Früchte trägt, der Weingärtner, der den Baum noch ein Jahr pflegen will und den Besitzer des Weinbergs, der eine Ernte erwartet und den (nutzlosen) Baum lieber heute als morgen fällen lassen möchte. Verständlich, denn er nimmt – nach moderner Lesart – dem Boden die Nährstoffe weg und lässt die Weinreben womöglich schlechter wachsen. Und all das ohne Ertrag und somit ohne einen Gewinn. Damit ist die Sache eigentlich klar. Doch es macht sich jemand stark für den doch so überflüssigen Baum. „Herr, lass ihn noch dies Jahr… vielleicht bringt er doch noch Frucht“.
Die letzte Chance für den Baum? Oder ein Silberstreif Hoffnung am Horizont? Das finale Urteil ist noch nicht gesprochen, der Baum darf stehen bleiben und mehr noch: er soll gedüngt werden und der Boden um den Stamm herum aufgegraben werden, damit er besser wachsen kann. Das klingt nicht nach Gnadenfrist, sondern vielmehr nach einem Plan, der schlechte Situation am Ende doch noch zum Guten bringen kann. Das macht Hoffnung. Nicht nur für den Baum, sondern – es handelt sich schließlich um ein Gleichnis Jesu – für uns Menschen, den Gott, für den der Weinbergbesitzer steht, hat uns eben noch nicht aufgegeben, vielmehr schafft er uns perfekte Möglichkeiten. Wir, oder besser unser Handeln, kann immer noch Früchte tragen – obwohl schon Jahre vergangen sind und nie etwas Gutes geschehen ist.
Dem Gleichnis geht im Lukasevangelium unmittelbar vorher eine Mahnung voraus: „Ihr alle werdet (genauso) umkommen, wenn ihr nicht Buße tut.“ Das ist mehr als deutlich. Man hat die angedrohte Strafe direkt vor Augen. Und doch: den bereits gefasste Strafentschluss kann und will Gott in seiner Barmherzigkeit aufheben. Dafür wird der Weingärtner schier Unmögliches versuchen, nämlich einem seit drei Jahren keine Früchte tragenden Feigenbaum eine Ernte abringen. Ob das funktioniert? Das muss offenbleiben, denn davon erzählt Jesus nichts. Es klingt schon so, als wüsste der Weingärtner genau, was zu tun ist. Mit Düngen und Aufgraben hat er gleich zwei konkrete Maßnahmen parat. Damit ist im Prinzip alles gegeben, der Baum kann auch im kommenden Jahr noch stehen. Wenn er denn Frucht trägt. Und im Gegensatz zum Feigenbaum können wir Menschen jederzeit selbst entscheiden, ob unser Handeln Früchte tragen wird. Genau daran soll uns der Buß- und Bettag erinnern. Hoffnung und Neuanfang. Das ist bei Gott möglich. Wir müssen nur wollen.