Auf den Spuren Friedrich Nietzsches
St. Laurentius im Südharz war schon für den großen Denker ein besonderer Ort
„Ich finde es toll dass die Kirche erhalten wird. Ich war als Kind in jeden Sommerferien in Gorenzen von der evangelischen Kirche aus. Habe nur schöne Erinnerungen an die Zeit...“ Die junge Frau, die ihr Lob über die Instandhaltungsbemühungen der St. Laurentiuskirche in Gorenzen (Sachsen-Anhalt) via Facebook verbreitet, befindet sich – wissentlich oder nicht - in bester Gesellschaft. Auch Friedrich Nietzsche (1844 – 1900), Dichter, Komponist und Philosoph von Weltruhm, soll einige Sommer in Gorenzen verbracht, und von der kleinen Dorfkirche sehr angetan gewesen sein. Die Stiftung KiBa würdigt St. Laurentius als „Kirche des Monats Juli“.
St. Laurentius Gorenzen
St. Laurentius Gorenzen
St. Laurentius Gorenzen
St. Laurentius Gorenzen
„Es heißt, dass Nietzsche als Jugendlicher in den Sommerferien bei seinem Onkel, dem damals hiesigen Pfarrer Edmund Oehler, gewohnt haben soll. Er soll an den Gottesdiensten mitgewirkt und in seiner Freizeit Skizzen der Kirche angefertigt haben“. Das sagt Sandy Fiedler. Sie ist Historikerin und die Vorsitzende des örtlichen Fördervereins. Erst kürzlich hat sie ihre kleine Tochter in St. Laurentius taufen lassen, in der Kirche, in der sie auch ihre eigene Taufe und Konfirmation erlebt hat. Sie liebt das „charmante kleine“ Gebäude, was sie mit vielen anderen Vertretern ihrer Generation eint: 34 Mitglieder hat der seit 2010 bestehende Förderverein, „und unser Altersdurchschnitt beträgt 35 Jahre“, sagt Fiedler stolz. Eine entsprechende Handschrift tragen viele der vom Verein initiierten Aktionen zur Sammlung von Spenden für die sanierungsbedürftige Kirche. Zahlreiche Angebote für Kinder sind dabei – vom Basteln über den Martinsumzug bis zu Theateraufführungen in der Kirche – viele Konzerte und nicht zuletzt: die selbstverständliche Nutzung der neuen Medien. „Unser Blog und unser Auftritt bei Facebook sind immer aktuell“, betont Fiedler.
Das junge Engagement gilt einem sehr alten Gebäude. Schon 1270 wurde die erste Kirche des Ortes Gorenzen im Südharz eingeweiht. Vermutlich im Zuge einer notwendig gewordenen Vergrößerung wurde der im Kern romanische Kirchenbau in den Jahrhunderten danach im Stil der Renaissance bzw. des Barock gestaltet und neu geweiht. Eine besondere Kostbarkeit in der aus verputzten Bruchsteinen errichteten Saalkirche ist der vergoldete Abendmahlskelch mit dem Wappen des in Gorenzen geborenen Grafen Johann Georg II. von Mansfeld aus dem Jahr 1620. Nur wenig jünger ist das 1641 von einem Bürger gestiftete ebenfalls vergoldete Taufbecken, der fein geschnitzte Kanzelaltar stammt aus dem Jahr 1720, Sandy Fiedlers persönliche „Hingucker“ sind die Passionsdarstellungen in den Brüstungsfeldern der hufeisenförmigen Empore. „Die habe ich schon während meiner Konfirmandenzeit immer gern angeschaut“.
Nachdem in einem ersten Schritt der Turm saniert werden konnte, sammeln Förderverein und Gemeinde nun die Gelder für die Instandsetzung des Kirchenschiffdaches; auch die Fassade muss an einigen Stellen erneuert werden. Etwa 125.000 Euro sind dafür veranschlagt, die Stiftung KiBa gibt 17.000 Euro dazu. Sobald die Facharbeiter abgezogen sind, soll die Kirche für Gottesdienste, aber auch verstärkt für andere Zwecke zu nutzen sein und die touristische Erschließung der Region befördern. Einen ersten Vorgeschmack wird die Dauerausstellung „Sakralbauten im Mansfelder Land“ bieten, die Strategien zur Sanierung und Mehrfachnutzung von Kirchengebäuden in den Mittelpunkt stellt. Doch die Pläne der Gemeinde reichen weiter: Im Juni kommenden Jahres ist eine weitere Dauerschau vorgesehen, die sich den Bezügen von Dorfkirchen in der Region wie St. Laurentius zu großen Persönlichkeiten der Zeitgeschichte widmet. „Ansätze bieten sich hier zum Beispiel bei Martin Luther, Gottfried August Bürger und Novalis“, sagt die Fördervereinsvorsitzende. „Und natürlich bei Friedrich Nietzsche“. Ein anspruchsvolles Unterfangen, das weiß auch Sandy Fiedler. Doch um den Erfolg des Projekts macht sie sich keine Sorgen. Vermutlich folgt sie Nietzsches Spuren auch im Blick auf seinen Ausspruch: „Hindernisse und Schwierigkeiten sind Stufen, auf denen wir in die Höhe steigen“.