„Himmel, Himmel, Moos, Moos!“
„KiBa-Kirche des Monats August 2019“ auf St. Pauli
Wer hat ihn nicht schon einmal im Fernsehen gesehen: Jan Fedder, das norddeutsche Original mit entsprechend gefärbtem Zungenschlag. Seit Anfang der Neunzigerjahre gibt der mehrfach als beliebtester Schauspieler des Nordens prämierte Fedder den lässig ermittelnden Kommissar Dirk Matthies im Hamburger „Großstadtrevier“. Die Uniform scheint so etwas wie Fedders zweite Haut; und doch hat es ihn auch schon im Talar zu sehen gegeben. Drei Filme als „Hafenpastor“ hat der 64-Jährige zwischen 2012 und 2016 gedreht, natürlich auch das im Hamburger Kiez. Ort des Geschehens: Die von der KiBa als „Kirche des Monats August 2019“ gewürdigte St. Pauli Kirche.
Komplizierte Familienverhältnisse, soziale Probleme und Gewalt – viele Themen, mit denen der „Hafenpastor“ zu kämpfen hatte, beschäftigen auch seine Vorbilder im „echten“ Leben. Martin Paulekun, einer von zwei Pastoren der St. Pauli Kirche, ist froh darüber, dass es im Stadtteil lebendig zugeht. „Wir haben hier eine sehr bunte Mischung von Menschen. Jeden Sonntag neu! Das ist wie in der U-Bahn“. Seit 1993 ist der Theologe in der Kiezkirche („das ist die Oase hier im Stadtteil!“) tätig, langweilig wird es ihm nicht. Neben Gottesdienst, Flüchtlings- und Jugendsozialarbeit gehört seit einiger Zeit auch ein das Kirchengebäude betreffendes Projekt in sein Portfolio: Der Kirchturm von St. Pauli muss saniert werden.
St. Pauli Hamburg
St. Pauli Hamburg
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Seit 1820 steht das schlichte, klassizistische Kirchengebäude, dem der Stadtteil seinen Namen verdankt, am heutigen Ort. Es wurde von Hamburgs erstem Stadtbaudirektor Carl Ludwig Wimmel erbaut, der auch die Hamburger Börse entwarf. Der Vorgängerbau, eine kleine Fachwerkkapelle, war abgebrannt; ein Teil der Innenausstattung konnte aber gerettet werden und findet sich bis heute in St. Pauli, zum Beispiel der Taufstein aus dem Jahr 1693 und das Kruzifix von 1690.
Der Turm von St. Pauli hat eine eigene Geschichte: Als die Kirche eingeweiht wurde, gab es ihn noch nicht. Zwar sammelte die Gemeinde, um diesem Manko abzuhelfen. Doch zwei Mal kam das „Turmgeld“ kurzfristig anderen Bestimmung zugute: Im Jahr 1842 spendete man für die Opfer des „Großen Brandes“, ein paar Jahre später wurde eine dringend benötigte Schule gebaut. Erst danach war es soweit. 1864 konnte der mit neoromanischen und neogotischen Stilelementen versehene Turm eingeweiht werden.
Heute hängt ein Plakat an diesem Turm: „Himmel, Himmel – Moos, Moos!“ steht darauf, der an den traditionellen Hamburger Gruß („Hummel, Hummel – Mors Mors“) angelehnte Slogan der aktuellen Spendenkampagne. Die gut inszenierte Aufforderung wirkt: „Die Aktion ist gut angelaufen“, sagt Martin Paulekun, der darüber nicht erstaunt ist, denn: „Die Gemeinde hat schon eine gewisse Übung in diesen Dingen.“ Honig aus dem Kirchgarten gibt es für größere Spenden. Nach den Gottesdiensten veranstalten die Pastoren regelmäßig kleine Führungen, bei denen sie über die kunsthistorischen und baulichen Besonderheiten der Kirche erzählen. Und sobald das derzeit noch nicht ganz bis zur Turmspitze reichende Gerüst seine endgültige Höhe erreicht hat, will Martin Paulekun eine „Gerüstführung“ anbieten, bei der auch („Himmel, Himmel!“) „der schöne Blick über den Hafen“ nicht zu kurz kommt.
An der endgültigen Gerüsthöhe hängt derzeit noch so einiges: Zwar haben Tischler mit der Instandsetzung der Fenster begonnen, berichtet der Pastor, auch die Sanierung der Zifferblätter der Turmuhr ist in Gang und neue Steine sind bestellt. Aber erst Mitte Juli ist mit der Genehmigung für die Erweiterung des bislang 25 Meter hohen Gerüsts der Startschuss für alles weitere gefallen. Ziegel müssen ausgetauscht werden, Steine saniert oder ersetzt, auch die Schalluken sind zu restaurieren. Rund 350.000 Euro wird dieser Bauabschnitt kosten, die KiBa stellt 10.000 Euro zur Verfügung. „Im Blick auf die Finanzierung sind wir jetzt so gerade im Rahmen“, freut sich Martin Paulekun, „und die zeitlichen Vorgaben schaffen wir auch!“ Im November soll der Turm in neuem Glanz erstrahlen, pünktlich zum 200-jährigen Jubiläum der Kirche im kommenden Jahr.