„Retter der Horst“ in Hochform
KiBa-Kirche des Monats Februar 2025 in Telgte
Die Sage geht so: Im 14. Jahrhundert reiste ein Geschäftsmann mit Knecht und Karren von Hildesheim nach Braunschweig durch ein Moorgebiet. Wir ahnen: In dunkelster Nacht fuhr der Karren sich fest. Was blieb den Männern? Sie beteten. Und dann hörten sie ein Geräusch – vielleicht war es der Klang einer Glocke? –, beförderten den Karren dorthin und siehe, sie hatten wieder festen Boden unter den Füßen. Der dankbare Geschäftsmann errichtete eine Kapelle dort, wo er das Geräusch vernommen hatte, er stellte einen Glockenmann ein und verfügte, dass jeden Abend um sechs Uhr zu läuten sei.
Ob diese schöne Geschichte wahr ist oder nicht: Die Kapelle St. Nicolai im niedersächsischen Telgte (Landkreis Peine), um die sie sich rankt, gibt es nachweislich. Und Glocken spielen in der Gemeinde eine große Rolle, berichtet Claudia Schmidt (dazu später mehr). Schmidt leitet den Kirchenvorstand und ist seit acht Jahren besonders intensiv mit der Kapelle beschäftigt, die in der Region liebevoll „die Horst“ genannt wird (weil sie in einer Straße steht, die tatsächlich Horst heißt). Der kleine, rechteckige Fachwerkbau (in der heutigen Form übrigens unzweifelhaft aus den Jahren 1739/40 stammend) ist die älteste erhaltene Kapelle in Peine, und sie ist überaus sanierungsbedürftig. Seit 2016 läutet die Glocke nicht mehr zum Gottesdienst, instandgesetzt werden muss im Grunde das gesamte Gebäude: Dach und Decken, Wände, technische Anlagen, Fenster und Türen. Nachdem bereits der Holzwurm mit Gas aus dem Gebäude vertrieben ist, soll es in diesem Jahr darum gehen, schadhafte Stellen im Fachwerk zu reparieren und die Deckenkonstruktion zu erneuern. Rund 550.000 Euro sind für diesen Bauabschnitt veranschlagt, die Stiftung KiBa unterstützt mit 15.000 Euro.
St. Nicolai-Kapelle Telgte
St. Nicolai-Kapelle Telgte
St. Nicolai-Kapelle Telgte
St. Nicolai-Kapelle Telgte
St. Nicolai-Kapelle Telgte
St. Nicolai-Kapelle Telgte
St. Nicolai-Kapelle Telgte
Im Frühjahr sollen die Arbeiten beginnen, sagt Claudia Schmidt, die sich freut, dass dafür immer wieder Spendenmittel zusammenkommen. Das Projekt sei „in aller Munde“, berichtet sie. „Aus allen Ecken des Landes bekomme ich Anrufe und Nachfragen, wie es um ‚die Horst‘ steht“. Konzerte und Ausstellungen, Kuchenverkauf beim Adventsmarkt – immer ist die Spendendose prominent platziert. Und gute Aktionen helfen ebenfalls: Bei der Initiative „100 x 100“ bekamen hundert Spenderinnen und Spender, die 100 Euro gegeben hatten, einen gravierten Stein auf dem Weg zur Kapelle. Und ähnlich war es vor drei Jahren, als Menschen, die 50 Euro spendeten, eine kleine Glocke(!) erhielten mit der wunderbaren Gravur „Retter der Horst“. Auch Mailings tun ihre Wirkung, und viele Menschen spendeten „einfach so“, sagt Claudia Schmidt. Sie ist begeistert über das bundesweite Interesse, das nicht abreißt. „Neulich kamen 444 Euro aus Wuppertal, von einer Frau, die schöne Erinnerungen an ihre Eltern mit der Kapelle verbindet“.
Auch Claudia Schmidt selbst erinnert sich gern an die Sonntagsspaziergänge mit den Großeltern, die an der Kapelle vorbeiführten, und bei denen sie regelmäßig verkündet haben soll, darin geboren worden zu sein. „Worauf meine Großeltern immer wieder sagten: ‚Nein, du bist dort getauft!‘“. – Das ist aus Sicht der Kirchenvorstandsvorsitzenden überhaupt das Wesensmerkmal des Gotteshäuschens: Dass so viele Menschen über Generationen hinweg so viele positive Ereignisse damit verbinden“. „Die Horst“ liege den Menschen einfach am Herz.
Wenn die Glocke der St.-Nicolai-oder-Horst-Kapelle späterhin wieder Besucherinnen und Besucher einladen kann, („wir hoffen, dass das spätestens Anfang nächsten Jahres sein wird“), sollen dort natürlich in erster Linie wieder Gottesdienste stattfinden, sagt Claudia Schmidt. Aber auch der Heimatverein wartet auf einen Raum für Ausstellungen und ein Radweg soll an der Kapelle vorbeiführen. Kein Zweifel: Die Horst wird geöffnet sein „für alle, die sich interessieren.“