Sanierung der Stadtkirche Freudenberg (Nordrhein-Westfalen)
Sanierung der Stadtkirche Freudenberg (Nordrhein-Westfalen)

Holzkonstruktion an der Stadtkirche Freudenberg wieder stabil

Barocke Säulen und Turmhelm wurden umfassend restauriert

Ein Ort mit Geschichte

„Dr Fläcke“ wird Freudenberg mundartlich liebevoll genannt. Gut 17.000 Einwohner hat die Stadt im Freudenberger Bergland – einer Mittelgebirgslandschaft bis 500m Höhe – an der deutsch-niederländischen Ferienstraße Oranier-Route. Die ältesten Stadtteile wurden bereits im 11. und im 13. Jhd. urkundlich erwähnt, der erste Nachweis für die Burg und den Ort selbst ist auf 1389 datiert.

Wilhelm der Reiche (1487-1559), regierender Graf von Nassau-Dillenburg und Siegen ließ Mitte des 16. Jhds. nach einem verheerenden Brand eine neue städtische Bebauung sowie eine Wehranlage mit vier Toren errichten. Der Neubau der Stadtkirche schließt an diese Epoche an. Überreste der einstigen Hofmauer der Burg wurden in die Wände des Gotteshauses integriert.

Die Freudenberger Innenstadt, der „Alte Flecken“, sieht heute noch fast so aus wie einst im 17. Jhd. Ganz in Fachwerkbauweise gehalten ist er einzigartig – weit über Deutschland hinaus. Im Kulturatlas des Landes Nordrhein-Westfalens ist er als „Baudenkmal von internationaler Bedeutung“ aufgenommen. Die Stadtkirche passt hervorragend dazu und prägt das Erscheinungsbild von Freudenberg seit Jahrhunderten. Im übrigen gilt sie auch als eine der frühesten Kirchenneubauten einer reformierten Gemeinde in Westfalen.

Gravierende Schäden an der Holzkonstruktion

Bereits 2018 wurde die Stadtkirche einer umfangreichen holzschutztechnischen Begutachtung unterzogen. Hintergrund: der Verdacht auf Schäden durch holzzerstörende Insekten und Pilze, vor allem an den tragenden Holzsäulen im Innenraum und am Gebälk des Turmes. Dabei kam heraus, dass die eine Hälfte der Säulen zwar nur leichte alte Insektenschäden oder oberflächliche Pilzspuren aufwiesen. Bei den übrigen Säulen zeigte sich jedoch ernsthafter Sanierungsbedarf aufgrund von tiefreichenden Pilzschäden, meist am Fuß der Säulen, wo über Jahre hinweg Feuchtigkeit eindringen konnte. Die Standfestigkeit war beeinträchtigt.

Abschluss: Kircheninnenraum nach der Reinigung

Abschluss: Kircheninnenraum nach der Reinigung

Die Kirche wird von außen eingerüstet...

Die Kirche wird von außen eingerüstet...

...und von innen.

...und von innen.

Aufbau der Konstruktion für die Abfangung der Säulen

Aufbau der Konstruktion für die Abfangung der Säulen

Säulenfüße stehen auf der Hilfskonstruktion

Säulenfüße stehen auf der Hilfskonstruktion

Stark geschädigte Unterseiten der Säulen

Stark geschädigte Unterseiten der Säulen

Arbeitsbereich im Innenraum

Arbeitsbereich im Innenraum

Farbretuschen an den Säulen werden fertiggestellt

Farbretuschen an den Säulen werden fertiggestellt

Was so alles in den Emporendecken gefunden wurde...!

Was so alles in den Emporendecken gefunden wurde...!

Erneuerung der westlichen Empore

Erneuerung der westlichen Empore

Anstrich der Holzverkleidung der Emporen

Anstrich der Holzverkleidung der Emporen

Die geschädigten Balken im Turm sind verstärkt

Die geschädigten Balken im Turm sind verstärkt

Nur noch Restarbeiten im Kircheninnenraum

Nur noch Restarbeiten im Kircheninnenraum

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Auch im Dachraum und im Turmhelm wurden die Hölzer überprüft. Zwar konnten einige alte Fraßgänge des sogenannten „Gewöhnlichen Nagekäfers“ festgestellt werden, doch in den meisten Fällen handelte es sich um längst inaktive Schäden ohne akute Gefahr. Drei Sparren im Turmhelm waren durch Brüche geschwächt. Eine Auflagerstelle an der Treppe zum Turmhelm war beschädigt. Immerhin: trotz einzelner Schäden hat das historische Tragwerk auch extreme Belastungen überstanden – etwa den Orkan Kyrill im Jahr 2007.

Zur Einordnung: Holzschädlinge wie der Gewöhnliche Nagekäfer (meist als „Holzwurm“ betitelt) und der Bunte Nagekäfer befallen vor allem feuchtes oder bereits pilzgeschädigtes Holz. Kritisch wird es, wenn Holz dauerhaft eine Feuchtigkeit von über 20% aufweist – dann können auch holzzerstörende Pilze wie Braunfäule oder Weißfäule auftreten, die die Tragfähigkeit von Bauteilen stark reduzieren. In Freudenberg wurden solche Befallsbilder punktuell gefunden, zum Glück jedoch kein „Echter Hausschwamm“, der besonders gefährlich und sanierungsintensiv ist.

Schnell wurde klar: es bestand zwar aktuell keine akute Einsturzgefahr, doch die geplanten Sanierungsmaßnahmen waren nicht nur aus denkmalfachlicher Sicht, sondern auch zur substanziellen Sicherung und Erhaltung der Kirche sowie zur langfristigen Nutzbarkeit des Gebäudes dringend erforderlich.

Erfolgreiche Durchführung

Am Ende sollte sich die Sanierung der Stadtkirche über vier Jahre hinziehen. Zeitweise war die Finanzierung unsicher, dann kam es anderweitig zu Verzögerungen. Im Sommer 2019 hatte die Gemeine einen Förderantrag bei der Stiftung KiBa gestellt, Anfang 2020 wurde der Fördervertrag unterzeichnet und die KiBa stellte 30.000 Euro über die Rössner-Stiftung zur Verfügung.

Am Ende haben gut 880.000 Euro auf der Rechnung gestanden. Der Löwenanteil wurde aus Eigenmitteln von Gemeinde und Kirchenkreis sowie Bundesmitteln bestritten. Neben der Kiba haben sich auch weitere regionale und nationale Stiftungen an der Finanzierung beteiligt. Die Sanierungsmaßnahmen selbst waren zwar schon 2022 abgeschlossen, aber bis die vollständige Dokumentation im KiBa-Stiftungsbüro eintraf – und damit der offizielle Abschluss des Projekts – sollten noch einmal zwei Jahre ins Land gehen. Für die Holzkonstruktionen in der Freudenberger Stadtkirche ist das aber einerlei: die historische Substanz wurde dauerhaft gesichert und damit das Fortbestehen der Kirche für kommende Generationen sichergestellt.