Langer Atem und kurze News
Gundula Gause hat viele Gesichter
Mit professioneller Sachlichkeit bringt Gundula Gause abends die Fernsehnation über das Neueste vom Tage auf Stand. Die Frau hinter der kühlen Sprecherrolle aber ist mehr: weitherzig, aufmerksam und begeisterungsfähig. Eine überraschende Kirchenführung in einem kleinen Eifeldorf.
Eines gleich vorweg: Der bekannteste Pagenkopf der Republik ist kein haarspraygehaltenes Kunstprodukt von ZDF-Stylisten, sondern kommt auch jenseits des Fernsehstudios unverwechselbar, wenn auch in natura etwas fluffiger daher. Gundula Gause zu erkennen fällt nicht schwer. Schon gar nicht in Driesch im regnerischen Vorfrühling. Das Dörfchen liegt in der Vulkaneifel zwischen Maaren und Mosel und ist an sich eher unauffällig. Kaum der Ort, den man für ein Treffen mit der in Mainz lebenden Journalistin ins Kalkül ziehen würde. Doch Frau Gause zögerte nicht, dorthin zu eilen, um gleich auch noch eine gemeinsame Führung mit ehrenamtlichen Kirchenhütern zu organisieren. „Was hier durch das schier unglaubliche Engagement der Bewohner passiert, ist wirklich eine Geschichte wert...“
Begeisterung überstrahlt das diskrete Mona-Lisa-Lächeln des Bildschirms und die distinguierte Zurückgenommenheit des Nachrichtenvortrags weicht einer eingewurzelten Herzlichkeit. Den Anstoß zu dieser heiteren Begegnung liefert die Perle des Ortes, die katholische Wallfahrtskirche Mater Dolorosa, ein schmucker Bau aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. 2013 beschädigte ein Schwelbrand das wertvolle Innere erheblich; die Kirche wurde zum Problemfall. Doch warum auch für eine Redakteurin vom Mainzer Lerchenberg?
Die Beziehung der in Berlin geborenen Protestantin zu Dorf und Kirche ist schnell erklärt: Die Familie ihres Mannes stammt aus der Gegend, einer seiner Brüder hat nach Driesch geheiratet. Und Gundula Gause ist nach eigenem Bekunden „absoluter Familienmensch“ – ob angeheiratet oder nicht. Das Ehegespann der evangelischen Journalistin und des katholischen Mediziners darf als kongenial beschrieben werden. Sie sieht sich als „katholisch verheiratete Protestantin, die schwer an der Ökumene arbeitet“. Konfessionsgrenzen hemmen ihr Engagement dabei kaum, so ist sie Schirmherrin des Afrikatags des katholischen Hilfswerks missio und war mit gleichem Herzblut bis zum turnusmäßigen Ausscheiden 2015 im Kuratorium der Stiftung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau tätig. In Paris und Mainz studierte Gundula Gause Politikwissenschaft, Geschichte und Publizistik. Ins Nachrichtenmetier kam sie schnell und betreibt es ausdauernd – mit ungebrochener Freude: Seit 1993 ist sie Co-Moderatorin des „heute journal“.
In Driesch erlebte sie hautnah mit, was auch so manches KiBa-Projekt auszeichnet: Bewohner, die die Ärmel hochkrempeln, die sich von Begriffen wie „Unterfinanzierung“ oder „Deckungslücke“ nicht bange machen lassen, sondern mit Fantasie, Mut und eigener Hände Arbeit „ihrer“ Kirche Glanz und Herrlichkeit zurückgeben. An dem sehenswerten Ergebnis kann die Fernsehfrau sich erfreuen, als ginge es um ihr eigenes Wohnzimmer. „Ich bin ein großer Fan des Ehrenamts, das ist mir sehr wichtig. Ohne die ehrenamtlich Engagierten würde unsere Gesellschaft nicht so funktionieren“, ist die 51-Jährige Trägerin des Bundesverdienstkreuzes überzeugt. In ihrem Beruf sind es ja eher selten die guten Nachrichten, die auf Sendung gehen, doch das Ausstrahlen einer guten Nachricht entspricht ganz dem Wesen von Gundula Gause.
Thomas Rheindorf