„Mit Gott rechnen“
Dass Thomas Begrich Pfarrer wurde, hat das DDR-Regime verhindert - die längste Zeit seines Berufslebens arbeitete er dann aber doch für die Kirche
Thomas Begrich wurde 2003 Geschäftsführer der Stiftung KiBa und Leiter der Finanzabteilung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). In beiden Funktionen lotste er mit ruhiger Hand durch unruhige Zeiten. Und das erfolgreich. Jetzt geht er in den Ruhestand. Eine Würdigung
Thomas Begrich ist eine ehrliche Haut. Darf man das einfach so sagen? Gilt nicht der Ehrliche als der Dumme, wie Ulrich Wickert einst meinte? Doch Thomas Begrich ist nicht zu unterschätzen: Hinter seiner freundlichen Zugewandtheit verbirgt sich ein hellwacher, analytischer Geist. „Christlich handeln heißt gerade nicht, um den heißen Brei reden, damit sich alle lieb haben“, ist der Oberkirchenrat überzeugt. „Nur wenn Probleme ausgesprochen werden, ist das ehrlich.“ Sein Röntgenblick auf Bilanzen wird von kirchlichen Gremien geschätzt. „So etwas lernt man im Studium, der Rest ist lange Erfahrung“, wiegelt der Ökonom ab.
Überhaupt ordnet sich der Finanzchef lieber ein als über: „Manager passt besser zu mir: In der Kirche haben viele etwas zu sagen und gute Ideen. Meine Aufgabe ist es, die Möglichkeiten zu schaffen. Und das geht am besten durch Zuhören und Mitdenken.“ Vorgesetzter ist er trotzdem, aber einer, wie man ihn selten findet: „Was schiefgeht, hat der Chef zu verantworten, aber für die guten Sachen gebührt den Mitarbeitern das Lob.“ Seine Mentalität hat tiefe Wurzeln: Thomas Begrich stammt aus einem acht Generationen zurückreichenden Geschlecht mitteldeutscher Pfarrer: „Das ist praktisch in die DNA übergegangen bei den Begrichs“, scherzt der Familienvater, der in Halberstadt geboren ist.
Mit der Obrigkeit in der DDR geriet er einst wegen des Wehrdienstes so aneinander, dass der Theologiestudent exmatrikuliert wurde. Der Sozialismus lehrte ihn dann Buchhaltung und Handel. Begrichs Analysen waren brillant, aber kaum systemkonform, geschweige denn karrierefördernd für den parteilosen Protestanten. In dem Maße, wie die Kluft wuchs, ging es mit ihm gesundheitlich bergab: „Mit dreißig kam ich kaum mehr mit einem Eimer Kohlen die Treppe rauf“, beschreibt der groß gewachsene Mann die Folgen innerer Erosion.
Dann die Rettung: Thomas Begrich wurde Verwaltungsleiter einer evangelischen Klinik in Genthin bei Magdeburg und blühte auf. Schließlich das Jahr 1989: „Da hab ich mein Krankenhaus etwas vernachlässigen müssen, ich musste Politik machen.“ Thomas Begrich gründete das Neue Forum in Genthin. Anschließend führte er die Kirchenprovinz Sachsen in die Marktwirtschaft. Als er 2003 aus Magdeburg nach Hannover zur EKD gerufen wurde, überraschte ihn das. Er nahm die Herausforderung an und brachte Transparenz und Offenheit in Finanzangelegenheiten als Grundsatz mit.
Zugleich wurde der heute 66-Jährige „von Amts wegen“ Geschäftsführer der Stiftung KiBa. „Mitte der neunziger Jahre kam die Idee zur KiBa bei uns Finanzdezernenten auf“, erinnert sich der „Schatzmeister“. „Heute würde ich ‚Baudenkmäler‘ vielleicht nicht mehr ganz so betonen. Es ist doch viel wichtiger, dass die Kirchen mit Leben gefüllt sind.“
Das ist des Pudels Kern für seinen beruflichen Weg: „Man muss diese Kirche lieben, um für sie arbeiten zu können!“ Und er fügt mit einem Seufzen hinzu: „Der Abschied fällt mir nicht leicht.“ Doch es wäre nicht verwunderlich, wenn der Gott, von dem er sich geleitet glaubt, ihm noch die eine oder andere Aufgabe zugedacht hat. Schließlich ist das Credo des Thomas Begrich: „Mit Gott rechnen!“
Thomas Rheindorf