Predigt im Gottesdienst zur Eröffnung der Mitgliederversammlung des Fördervereins
Generalsuperintendent Martin Herche in der Dreifaltigkeitskirche zu Görlitz
Liebe Schwestern und Brüder,
dass Sie Ihre Mitgliederversammlung am Vortag des Trinitatisfestes mit einem Gottesdienst in der Dreifaltigkeitskirche beginnen, passt wirklich gut. Sie werden nachher von kompetenter Seite noch Wichtiges zu diesem Gotteshaus hören.
Jetzt nur so viel: in dieser Kirche gibt es drei gute Orte, um Gottesdienst zu feiern. Hier im Hauptschiff und im Chorraum oder in der Barbarakapelle. Im Laufe des Kirchenjahres erklingt an jedem dieser Orte das Gotteslob. Man hat jeweils ein ganz eigenes Raumgefühl und dazu jeweils eine besondere Perspektive auf das Ganze dieses Gotteshauses.
Gehen Sie nachher von hier in die Barbarakapelle und von dort in den Chorraum oder umgekehrt. Sie können den Eindruck gewinnen, sich jeweils in unterschiedlichen Räumen zu befinden - und sind doch immer noch in der Dreifaltigkeitskirche. So haben Sie die Chance, noch besser zu verstehen, was es mit der Heiligen Trinität auf sich hat. Und wer die letzte Ausgabe der Zeitzeichen gelesen hat, mag sich an Jürgen Moltmann erinnern. Er sagt von sich: "Ich glaube nicht nur an die Trinität, sondern ich lebe in der Trinität."
Und er sagt: Die trinitarische Einheit Gottes ist eine einladende Einigkeit.
Auch diese Dreifaltigkeitskirche soll eine einladende Kirche sein.
Dafür sorgen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitsstelle Offene Kirche - nicht nur hier übrigens, sondern auch in den drei anderen Kirchen dieser Gemeinde.
Und so bildet sich ab, was vielerorts in Deutschland gilt: wir sind als Kirche steinreich.
Dieser Reichtum muss erhalten bleiben. Sie tragen mit Ihrem Engagement dazu bei, dass das gelingt.
Auch unsere Landeskirche hat schon vielfach davon profitiert. Dafür sage ich Ihnen persönlich - und zugleich stellvertretend für alle, die sich in der KiBa und durch sie für die Kirchen in unserem Land engagieren - von Herzen "Danke".
Was im Himmel der Lobpreis der Serafim, ist auf Erden auch das Engagement der Kirchenbauer und Kirchensanierer und Kirchenrenovierer. Alles soll nicht nur zur Freude der Menschen in unseren Dörfern und Städten, sondern auch und vor allem zur größeren Ehre Gottes geschehen.
Und im Übrigen gilt: auch die Gebäude predigen. Aber wem sage ich das. Sie wissen es: Gut, wenn unsere Kirchen ein herzliches Willkommen verkünden.
Gut, wenn man ihnen abspüren kann, dass unser Leben zu einem Fest wird, wenn Gottes Geist unter uns gegenwärtig ist.
Und andererseits schrecklich, wenn eine heruntergekommene, baufällige, verwahrloste Kirche die Botschaft vermittelt: Das war's.. Mit Gott muß nicht mehr gerechnet werden.
O ja, mit Gott können wir auch heute und in Zukunft rechnen. Aber dafür brauchen wir Menschen, die sich auf Gottes Berufung einlassen und nicht nur Steine sprechen lassen, sondern selber den Mund auftun, um anderen Gottes Botschaft weiterzusagen. Es braucht auch heute und morgen Jesaja-Menschen. Oder KiBa-Menschen, die sagen: Hier bin ich. Ich mache mit. Was ist zu tun? Und natürlich - bei einer Kirche des Wortes kann es nicht anders sein: Was ist zu sagen?
Wenn ich bedenke, was Jesaja zu sagen hat, merke ich, dass zu dieser Frage Mut gehört. Denn wir haben ja keinen 0-8-15-Gott. Und seine Botschaft ist kein Eia-Popeia.
Jesaja, sag ihnen: Höret und verstehet nicht; sehet und merket's nicht.
Ist das eine psychologisch geschickte Herausforderung zum Glauben? So wie man der Enkelin sagt: Iss auf keinen Fall vom Obst auf dem Tisch, das ist noch nichts für Kinder?
Schön wär's, aber es ist nicht so: Von Verstockung, Blindheit, Taubheit ist die Rede und davon, dass die Menschen mit ihrem Herzen nicht verstehen, sich nicht bekehren und nicht genesen sollen.
Manchmal ist Gott ziemlich schwer zu verstehen. Manchmal kann sein Auftrag ziemlich heftig sein. Eine starke Herausforderung. Manchmal müssen wir ganz schön viel Geduld mit Gott haben.
Und die Frage, warum engagieren wir uns eigentlich für ihn und seine Sache, kennen vermutlich auch KiBa-Unterstützer, wenn sie hören, dass eine mit viel Aufwand sanierte Kirche hinterher kaum noch besucht wird und manchmal der Gottesdienst mangels Teilnehmern sogar ausfallen muss.
Wir werden nachher beim Abendmahl nicht nur in das Sanctus der himmlischen Heerscharen einstimmen, sondern auch bekennen: Deinen Tod, o Herr verkündigen wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit. Dann denken Sie doch auch an die Worte, die Jesaja hört: Wie bei einer Eiche und Linde, von denen beim Fällen noch ein Stumpf bleibt. Ein heiliger Same wird solcher Stumpf sein.
Es lohnt sich, Geduld mit Gott zu haben.
Auch schwer Erklärliches, ja Unerklärliches - im persönlichen Leben, in der Kirche oder auch sonst in der Welt - muss uns unsere Hoffnung nicht nehmen und nicht die Bereitschaft, weiter zu glauben und uns zu ihm zu bekennen, weil Gott noch etwas vorhat mit uns und seiner Welt.
Aber ich glaube, die Zumutung der Geduld wäre zu groß für uns, wenn nicht Gottes Geist auch ein großer Geduldspender wäre und Tröster in Zeiten der Verstörung und Ermutiger in Zeiten der Müdigkeit des Glaubens.
So erschallt der himmlische Lobgesang mit Recht und Jesaja Worte machen großen Sinn: Hier bin ich. Sende mich!
Hier bin ich. Hier sind wir jetzt. In dieser Dreifaltigkeitskirche, um Gott zu loben und uns von ihm neu senden zu lassen in unsere Berufung. Die Zeiten des Jesaja sind vorbei. Aber Jesus Christus wird kommen in Herrlichkeit. Und deshalb können unsere Kirchen schon jetzt Festsaal sein. Aber auch wenn Sie nur eine Wartehalle wären, die - bis er kommt, daran erinnert, dass es mehr gibt zwischen Himmel und Erde, als wir sehen und hören und verstehen, hätten sie ihre Daseinsberechtigung.
Wie auch immer: gelobt sei der dreieinige Gott und danke Ihnen für Ihr Bekenntnis und Ihr Gotteslob und Ihr Engagement.
Amen.