Weihnachtsgurke am Weihnachtsbaum
Weihnachtsgurke am Weihnachtsbaum

Die Geschichte von der Weihnachtsgurke

„Weil es Tradition ist“

Wenn Sie in diesen Tagen den Weihnachtsbaum schmücken: Hängen Sie auch eine gläserne Gurke mehr oder weniger gut versteckt zwischen die Zweige? Wer die am Heiligen Abend am schnellsten findet, darf das erste Weihnachtsgeschenk auspacken. So geht doch die alte deutsche Weihnachtstradition – oder etwa nicht?

Fragt man in den Vereinigten Staaten nach der „christmas pickle“ – also der Weihnachtsgurke – dann bekommt man allenthalben zu begeistert erklärt, was das doch für ein schöner altdeutscher Brauch sei und wie gerne man den übernommen habe. Ist ja klar: gleich drei „typisch deutsche“ Vorlieben kommen hier zusammen: Weihnachten, Tradition und saure Gurken.

Und bei uns? Nun ja. Das britische Meinungsforschungsinstitut YouGov hatte vor einigen Jahren eine Umfrage gestartet, wie es denn die Deutschen mit diesem Brauch hielten. Das Ergebnis war ernüchternd, denn gut 91 Prozent der Befragten gaben an, dass sie noch nie etwas von der Weihnachtsgurke gehört hätten. Inzwischen hat sich der kuriose Baumschmuck allerdings etabliert und man bekommt die Weihnachtsgurken auch fast überall zu kaufen - unter anderem deshalb, weil man Amerika eine Freude bereiten wolle, wenn man auf der anderen Seite des Atlantiks schon an die „deutsche Tradition“ glaube. So zumindest kann man es im Internet nachlesen. Und wo kommt die Idee der Weihnachtsgurke nun ursprünglich her? Dazu gibt es ein paar Theorien.

  • Eine mittelalterliche Erzählung berichtet davon, wie drei spanische Jungen einst in einer Herberge rasteten. Der finstere Wirt stahl ihre Habseligkeiten, brachte die drei um und stopfte die Leichen in ein Gurkenfass. Zufällig war der Heilige Nikolaus von Myra zugegen, der die Toten im Fass bemerkte und sie wieder zum Leben erweckte. Als Danke – so die Legende – werde dem Heiligen zum Gedenken eine Gurke in den Baum gehängt.
  • Etwas profaner ist die Begründung aus dem Spreewald, wo bekanntermaßen traditionell Gurken angebaut, eingelegt und verspeist werden. Reich sind die Gurkenbauer damit nicht geworden, vielmehr seien viele Familien so arm gewesen, dass sie sich keinen anderen Christbaumschmuck als Gurken hätten leisten können. So manche Familie sei dann nach Amerika ausgewandert, zu Wohlstand gekommen und habe als Andenken an die alten Zeiten weiterhin Gurken aufgehängt.
  • Aus den USA selbst stammt die folgende Geschichte: Im amerikanischen Bürgerkrieg sei ein deutschstämmiger Immigrant nach seiner Gefangennahme und Inhaftierung fast verhungert. An Heiligabend habe er einen Wachmann um eine letzte Mahlzeit gebeten – eine saure Gurke. Die bekam er und überlebte. Im Gedenken an diese wunderbare Rettung soll er die Tradition der Weihnachtsgurke eingeführt haben.

Ziemlich wahrscheinlich ist aber die Theorie, dass im Grunde nur ein raffiniertes Marketing hinter der Weihnachtsgurke steckt. Im 19. Jhd. war der Gründer der amerikanischen Kaufhauskette Woolworth auf Deutschlandbesuch und entdeckte bei einem Thüringer Glasbläser kunstvolle Figuren in Form von Nüssen und Früchten – und eben auch Gurken. Er sah eine Marktlücke und begann ab 1880, den gläsernen Baumschmuck in die USA zu importieren. Um den Verkauf anzukurbeln, erfand er die rührige Geschichte um alte deutsche Traditionen. Der Erfolg war riesig – und der Rest ist Geschichte…