Saat, Ernte und Dank
Am 4. Oktober ist Erntedankfest
Richtig einladend sieht der Altar in unseren Kirchen am ersten Oktobersonntag aus: Obst, Gemüse, Brot, Wein – hier ist fast alles vertreten. Wir leben in einem reichen Land, an Nahrungsmitteln mangelt es nicht. Dafür sollten wir dankbar sein.
Genau darum geht es am Erntedankfest: die alltägliche Selbstverständlichkeit von Gütern ganz bewusst wahrzunehmen. Sich bewusst machen, dass wir keine Not leiden. Das gilt zumindest für die meisten von uns, aber wer genau auf sein Geld schauen muss, der bekommt den Mangel durchaus zu spüren. Auch daran wird an Erntedank erinnert, es ist eben nicht selbstverständlich, satt zu sein. Auch nicht im reichen Deutschland. Viele Gemeinden verteilen deswegen die reichen Gaben vom Erntedankaltar an Bedürftige.
Ebenso wenig selbstverständlich ist es, dass unsere Ernten immer reich ausfallen – trotz hochoptimierter und technisch bestens ausgestatteter Landwirtschaft. Ob die Saat aufgeht und unsere Feldfrüchte reifen ist immer noch Sache der Natur. Oder, wie es so schön im bekannten Kirchenlied „Wir pflügen und wir streuen“ (EG 508) heißt:
Wir pflügen, und wir streuen den Samen auf das Land,
doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand:
der tut mit leisem Wehen sich mild und heimlich auf
und träuft, wenn heim wir gehen, Wuchs und Gedeihen drauf.
Matthias Claudius hat diese Zeilen 1783 geschrieben. Und sie stimmen noch heute: Gottes Schöpfung, die wir bebauen und bewahren sollen, ist viel größer und mächtiger, als wir uns das vorstellen können. Wir haben sie niemals in der Hand, auch wenn wir uns das so gerne einreden. Seit Menschengedenken machen Kälte, Unwetter, Stürme oder andere Naturkatastrophen ganze Ernten zunichte. Wir merken das nur seltener, weil unsere Produkte manchmal um den halben Globus reisen.
Saat und Ernte sind uns fremd geworden – wohl dem, der aus dem eigenen Garten Salat, Radieschen oder Tomaten erntet, oder Äpfel vom Baum pflücken kann. Letzteres ist jedoch für jedermann machbar: in immer mehr Kommunen stehen „Obstbäume für alle“, ernten darf hier jeder. So gehen die reifen Äpfel, Birnen, Pflaumen usw. nicht verloren und Verpackungen werden eingespart.
Am kommenden Wochen laden die Kirchen in ihre Erntedankgottesdienste. Vieles wird in diesem Jahr corona-bedingt anders sein. Nicht aber der Anlass. Und Dankbarkeit tut uns allen gerade in Krisenzeiten besonders gut.