Komplexe Turmsanierung in St. Johannis zu Würzburg
Komplexe Turmsanierung in St. Johannis zu Würzburg

Sanierung eines Würzburger „Superhelden“

Langwieriges, aber erfolgreiches Projekt in St. Johannis

Die markante Doppelturmfassade der Würzburger Stadtkirche St. Johannis mit ihren schlanken Pyramidentürmen verleiht der Kirche ein unverwechselbares Erscheinungsbild - im Volksmund trägt sie den Namen „Batman-Kirche“. 1895 im neugotischen Stil errichtet, wurde sie im März 1945 während der Bombardierung Würzburgs zerstört. 1958 erstand sie neu, gestaltet vom Münchener Architekten Reinhard Riemerschmid.

Vorgeschichte und Planungen

Bereits 2008 und 2009 wurde der erste Schritt zur Sanierung der Kirchtürme eingeleitet. Ein stark beschädigter Muschelkalkpfeiler erhielt damals eine vollständige Erneuerung der Verkleidung. Doch schnell war klar: das ist nur der Anfang und weitere Arbeiten würden bald notwendig sein. Nach Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde wurde am im Juli 2016 die erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erteilt. In den folgenden Jahren konzentrierte man sich vor allem auf die Beschaffung der notwendigen finanziellen Mittel. Zwei Bauabschnitte galt es zu finanzieren. Rund eine Million Euro waren dafür veranschlagt, mit einem breit aufgestellten Finanzierungsmix konnten die nötigen Mittel aufgebracht werden. 15.000 Euro hat die Stiftung KiBa für St. Johannis bereitgestellt.

Schwierige Bedingungen

Eine besondere Herausforderung stellte auch die Beschaffung der benötigten Baumaterialien dar. Die aus der Nachkriegszeit stammenden asbesthaltigen Faserzementschindeln waren – aus nachvollziehbaren Gründen - im regulären Handel nicht mehr erhältlich. Glücklicherweise konnte der Hersteller aber eine Sonderanfertigung für die Kirchtürme anbieten. 

Trotz Corona-Pandemie und angespannter Situation am Holzmarkt konnten die Ausschreibungen im Frühjahr 2021 beginnen, die eigentlichen Arbeiten wurden auf Juli bis Dezember 2021 projektiert. Erste Probleme traten schon bei der Gerüststellung auf, ein Brand in der Verzinkerei des Gerüstmaterialherstellers sorgte neben allgemeiner Materialknappheit für zusätzliche Verzögerungen. Im August wurden dann die Turmspitzen abgenommen und in die Vergoldung gegeben. Dann ging es endliche mit gutem Tempo voran: Ende August traf die Sonderanfertigung der Dachplatten ein und es wurde zügig parallel an beiden Türmen gearbeitet. Selbst die ungünstigen Wetterbedingungen im Herbst und Winter hatten keinen merklichen Einfluss und ein Großteil der Arbeiten konnte rechtzeitig abgeschlossen werden. Die neu vergoldeten Dodekaeder mit gefüllten Zeitkapseln wurden am 19. November in einer feierlichen Andacht wieder auf die Turmspitzen gesetzt.

Nach dem Schalungsrückbau wird die Stahlkonstruktion der Türme sichtbar

Nach dem Schalungsrückbau wird die Stahlkonstruktion der Türme sichtbar

Linke Turmspitze mit Schalung und Wetterschutz im August 2021

Linke Turmspitze mit Schalung und Wetterschutz im August 2021

Arbeiten an der Muschelkalkverkleidung im November 2021

Arbeiten an der Muschelkalkverkleidung im November 2021

Arbeit an der Fläche im oberen Bereich im Oktober 2021

Arbeit an der Fläche im oberen Bereich im Oktober 2021

Transport des linken Dodekaeders zur Spitze

Transport des linken Dodekaeders zur Spitze

Feier zum Aufsetzen der Dodekaeder am 19. November 2021

Feier zum Aufsetzen der Dodekaeder am 19. November 2021

Muschelkalkverkleidung am linken Turm im März 2022

Muschelkalkverkleidung am linken Turm im März 2022

Die Sanierung der Kirchtürme war ein komplexes und herausforderndes Projekt, das jedoch dank der sorgfältigen Planung, der Kooperation aller Beteiligten und dem hervorragenden Umgang mit unvorhergesehenen Schwierigkeiten erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Lebendige und aktive Kirche in der Stadt

Betritt man St. Johannis heute nach einem wohlwollenden Blick auf die sanierten „Batman-Türme“ – von der Turmgalerie hat man einen großartigen Blick auf die Stadt –, fällt im Inneren sofort das zeltartige Aussehen auf. Sieben Stahlbetonträger tragen das Satteldach, ein herausragendes Beispiel des modernen Kirchenbaus in Deutschland. Über dem Altar hängt die imposante Lindenholzskulptur „Christus als Weltenrichter“ von Helmut Ammann. St. Johanniskirche ist auch ein Mahnmal: Die kriegszerstörten Teile wurden damals in den Neubau integriert, und in ihrer Nähe befindet sich das Denkmal „Tod durch Bomben“ des russischen Künstlers Vadim Sidur, im angrenzenden Stadtpark steht das Kriegsmahnmal.

St. Johannis ist aus der Würzburger Kulturlandschaft nicht wegzudenken. Sie ist Sitz des renommierten Bachchores und Konzertort für die meisten Aufführungen der Bachwoche. Die hervorragende Akustik prädestiniert sie für die zahlreichen Konzerte: die Konzertreihe „Jazzkirche“ oder die Konzerte des Kantors, wie die Matthäuspassion oder das Mozart-Requiem, aber auch Ellington, Sacred Concerts, ziehen Besucher von weit her an.

Die Kirchengemeinde ist sehr aktiv und bietet eine Vielzahl von Veranstaltungen und Initiativen an. St. Johannis ist auch ein Zentrum für soziales Engagement: Der ökumenische Arbeitskreis Asyl, der Würzburger Arbeitslosen Treff (WAT) und die Sozialkaufhäuser „Brauchbar“ haben hier ihren Ursprung. Alle zwei Jahre findet eine Kunstausstellung in der Kirche statt, die das Programm abrundet. Der Freundeskreis der St. Johanniskirche unterstützt diese vielfältigen Aktivitäten tatkräftig.