Verraten, verurteilt und verleugnet
Am Fuße des Ölbergs in Jerusalem liegt der Garten Gethsemane, seit biblischen Zeiten mit Olivenbäumen bepflanzt. Ein schöner und friedlicher Ort. Hierhin zieht sich Jesus mit einigen seiner Jünger nach dem Abendmahl zurück. „Meine Seele ist betrübt bis an den Tod“, sagt er zu ihnen.
Was muss das für eine merkwürdige Stimmung gewesen sein: Trauer, Verzagen, Mutlosigkeit, dazu die Ankündigung, dass einer der Jünger Jesus verraten und ein anderer ihn verleugnen werde. Undenkbar erscheint ihnen das! Vor allem für Petrus, der sich beim besten Willen nicht vorstellen kann, sich gegen seinen Lehrer zu stellen. „Und wenn ich mit dir sterben müsste, werde ich dich nicht verleugnen.“ – das ist doch unumstößlich. Er kann doch auf seine Stärke vertrauen!
Doch die ersten Schwächen zeigen sich im Garte Gethsemane schon bald, nicht nur bei Petrus. Eigentlich sollen er und die beiden Söhne des Zebedäus gemeinsam wach bleiben, während Jesus im Garten beten wollte. Ihm ist klar, was geschehen wird. Die Schrift muss erfüllt werden. Aber angesichts des eigenen Todes zeigt er Angst: „Mein Vater, ist's möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht, wie ich will, sondern wie du willst!“ Wie kann ein Mensch allein mit so einer Situation fertig werden? Er braucht den Beistand der anderen und daher hat er die Jünger mitgenommen. Doch die schlafen. Jesus weckt sie auf: „Konntet ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?“
Wachet und betet!
Ein weiteres Mal betet Jesus: „Mein Vater, ist's nicht möglich, dass dieser Kelch vorübergehe, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille!“ Und wieder können die Jünger ihre Augen nicht offen halten und schlafen ein.
Jesus bleibt allein. Wo ist Hilfe, wenn man sie am dringendsten benötigt? „Ach, wollt ihr weiter schlafen und ruhen?“, fragt er sie nach dem dritten Gebet. Nun ist es zu spät, wach zu bleiben – zu spät, um noch irgendetwas zu verändern. Ganz gefasst tritt Jesus auf Judas zu, der mit den Hohepriestern und einer Schar Bewaffneter in den Garten gekommen ist. Warum sie „wie gegen einen Räuber“ ausgezogen seien, er habe doch jeden Tag im Tempel gelehrt? Wozu die Heimlichkeit, der Verrat und der Hinterhalt? Damit die Schrift der Propheten erfüllt wird. Für die Jünger ist das zu viel – sie fliehen.
Wenn der Hahn kräht
Während Jesus noch vor dem Hohen Rat angeklagt wird – als ordentliches Gerichtsverfahren kann man das kaum bezeichnen – sitzt Petrus allein draußen im Hof. Zwei Frauen erkennen ihn als einen der Jünger und sprechen ihn darauf an. Doch Petrus streitet alles ab, er schwört sogar, dass er diesen Heiland überhaupt nicht kenne. Eine vollkommene Verleugnung, die ihm erst aufgeht, als nach dem dritten falschen Schwur der Hahn kräht: drei Mal. Schlagartig wird Petrus klar, was er getan hat. Er hat seinen Glauben, seine Überzeugung und seine Liebe verraten. Weil seine Angst zu groß war? Aus menschlicher Schwäche? Das wissen wir genau so wenig wie Petrus selbst. Alles, was ihm bleibt, sind bitterliche Tränen.
Hätten wir anders gehandelt als Petrus? Und hätten wir unsere Stimmer erhoben, als es um die mögliche Freilassung Jesu durch Pontius Pilatus ging? Gegen die Hohepriester? Pilatus selbst braucht nicht zu urteilen, er wäscht seine Hände in Unschuld und überlässt die Entscheidung anderen.
Verspottet und verlassen
Am Ende geht es schnell. An der Stätte Golgatha werden die Kreuze aufgestellt. Hohn, Spott und Beleidigungen füllen die letzten Stunden aus. Gott selbst scheint nicht mehr dazu sein. In tiefer Finsternis stirbt Christus einsam und verlassen. Was am Ende bleibt, sind eine Handvoll römische Soldaten, denen klar wurde, dass dies wahrlich Gottes Sohn gewesen ist.
Und ein Grab.