Zerstörung, Wandel und neue Heimat
Vom Kloster über die Reformation bis zur wallonischen Gemeinde
Die Walloner oder auch St. Augustini-Kirche steht im Magdeburger Stadtteil Altstadt. Sowohl die evangelisch-lutherische Altstadtgemeinde als auch die evangelisch-reformierte Gemeinde nutzen die Kirche. Neben dem Dom, St. Sebastian und St. Petri ist sie eine der wenigen noch erhaltenen und kirchlich genutzten historischen Kirchen der Magdeburger Altstadt.
Im 13. Jhd. wurde in Magdeburg ein Kloster unter dem Patrozinium des Augustinus von Hippo (354-430) gegründet. Er war römischer Bischof und gehört zu den vier lateinischen Kirchenlehrern der Spätantike. Er trägt den Ehrentitel Kirchenvater. 1355 erwarb das Magdeburger Augustinerkloster einen Teil der Bibliothek des Benediktiner-Klosters Berge. Für die kostbaren Werke – darunter kommentierte Ausgaben der Paulusbriefe – errichtet man westlich der Kapelle ein zweigeschossiges Bibliotheksgebäude.
Das heutige Gotteshaus wurde 1366 als Hallenkirche fertiggestellt – zunächst ohne Turm, da die Ordensregeln der Augustiner einen sonst üblichen Westturm verboten. Ein kleiner achteckiger Turm wurde um 1400 aus den Einnahmen des „Jubiläums-Ablassjahr“ 1395-1396 durch Papst Bonifatius IX. erbaut.

St. Augustini Magdeburg - Walloner Kirche

St. Augustini Magdeburg - Walloner Kirche

St. Augustini Magdeburg - Walloner Kirche

St. Augustini Magdeburg - Walloner Kirche

St. Augustini Magdeburg - Walloner Kirche

St. Augustini Magdeburg - Walloner Kirche

St. Augustini Magdeburg - Walloner Kirche

St. Augustini Magdeburg - Walloner Kirche
1516 visitierte Martin Luther das Magdeburger Kloster. 1524 setzte sich in der Stadt die Reformation durch, noch im selben Jahr wurde das Kloster mit der Übergabe der Anlage an die Stadt aufgelöst. Im Dreissigjährigen Krieg wurde Magdeburg 1631 durch kaiserliche Truppen unter Johann T’Serclaes von Tilly verwüstet – die Klosteranlage wurde aber nur leicht beschädigt. Aus Geldmangel verfielen die Gebäude aber und stürzten 1639 teilweise ein.
Kurfürst Friedrich II. übergab die Ruine 1690 an wallonische Glaubensflüchtlinge aus den Niederlanden und Frankreich. 1694 war die Instandsetzung abgeschlossen, seitdem trägt das Gotteshaus den Namen Wallonerkirche.
Im zweiten Weltkrieg wurde die Kirche bei Bombenangriffen am 16. Januar 1945 schwer beschädigt, 1951 musste man den Triumphbogen zwischen Chor und Schiff zumauern, um den drohenden Einsturz des Turms zu verhindern.
Bemerkenswert im Inneren ist der über neun Meter hohe spätgotische Flügelaltar mit der Marienkrönung im Mittelschrein. Die Seitenflügeln zieren die heiligen Jungfrauen Katharina und Ursula sowie zwei Ritterheilige. Wenn der Altar geschlossen ist, sind die vier lateinischen Kirchenväter zu sehen. Ein leidender und ein triumphierender Christus krönen den Altaraufsatz – letzterer wurde nach der Reformation ergänzt. Der Taufstein stammt aus der aufgegeben Ulrichskirche in Halle und wurde 1430 gegossen.
Die Stiftung KiBa hat in der Wallonerkirche 2023 die Substanzsicherung und Instandsetzung der Fassade gefördert und setzt dieses Unterfangen 2025 fort.