Schutzpatron und Gabenbringer
Die Geschichte des Nikolaus von Myra
Seefahrer, Kaufleute, Rechtsanwälte, Metzger und Bäcker: für diese und viele weitere Berufe ist Nikolaus der Schutzheilige. Aber auch für Schüler und Studenten, Pilger und Reisende. Unsere heutigen Nikolausbräuche haben ihren Ursprung in seinem Schutzpatronat für die Kinder.
Zwischen 270 und 286 ist Nikolaus von Myra in Patara in Lykien geboren. Diese Landschaft Kleinasiens im unteren südwestlichen Zipfel der heutigen Türkei stand damals unter römischer Herrschaft. Einst waren die Lykier ein Volk mit eigener Sprache und eigener Kultur. Sie tauchen auch in Homers Ilias als Verbündete der Trojaner auf. Zu Nikolaus‘ Zeiten ist das aber schon längst Geschichte.
Mit 19 Jahren soll er von seinem gleichnamigen Onkel, der als Bischof in Myra wirkte, zum Priester geweiht worden sein. 325 nahm er am Konzil von Nicäa teil – wobei das nicht genau belegbar ist, aber viele Indizien sprechen dafür. Wirklich viele Fakten über sein Leben gibt es heute nicht mehr, in seiner Person vermischen sich Legende, Geschichte und Brauchtum. Vermutlich setzt sich der heute verehrte Heilige aus zwei historischen Personen zusammen: dem genannten Bischof von Myra und dem Nikolaus, der rund 300 Jahre danach Abt des Mönchsklosters Sion und später Bischof von Pinara war.
Viele Legenden ranken sich um Nikolaus‘ Leben und Wirken: in Seenot geratenen Schiffern erschien ein Mann, der die Segel instand setzte und sogar den Sturm zum Abflauen brachte – als die Seeleute in der Kirche von Myra für ihre Rettung danken wollten, erkannten sie den Heiligen wieder. So wurde Nikolaus zum Patron der Seefahrer. Mehrere Jahrhunderte später griff man diese Geschichte bei der Deutschen Hanse auf und bestimmte Nikolaus zum Schutzheiligen vieler Hansestädte. Als Folge dessen gibt es noch heute unzählige Nikolaikirchen in Deutschland – und nicht wenige davon lassen sich unter den Förderkirchen der Stiftung KiBa wiederfinden.
Eine andere Geschichte berichtet davon, wie Nikolaus Goldklumpen in das Zimmer dreier Jungfrauen geworfen habe, die von ihrem verarmten Vater verkauft werden sollten. Die Darstellung des Heiligen mit goldenen Kugeln oder Äpfeln erinnert an diese Legende. Während einer Hungersnot in Myra bat Nikolaus die Seeleute eines Getreideschiffs des byzantinischen Kaisers um einen Teil des Korns – und als das Schiff am Zielort ankam, stellten die erstaunten Männer fest, dass noch genau so viel Getreide im Schiffsbauch lag wie zu Beginn der Fahrt, obgleich in Myra doch ein beträchtlicher Teil entladen wurde, der dort für volle zwei Jahre und die Aussaat im kommenden Jahr gereicht haben soll.
Nikolaus‘ Namenstag ist der 6. Dezember – dann bringt er Geschenke. Nach altem Brauch fragt er dabei auch die Kinder, ob sie denn brav und fromm gewesen sein. Das geht auf die alte Perikopenordnung zurück, die für diesen Tag das Gleichnis von den anvertrauten Talenten vorgesehen hatte, das sich im Matthäusevangelium nachlesen lässt. Und im Mittelalter durften sich die Schüler von Klosterschulen einen Kinderbischof aus ihren Reihen wählen, der den Erwachsenen predigen und sie auch tadeln durfte.
In vielen Ländern hat Nikolaus einen furchteinflößenden Begleiter, der als Gegenstück zum liebenden und gabenbringenden Nikolaus fungiert. Im deutschen Sprachraum ist das meist Knecht Ruprecht. Mittlerweile verschwimmen die Unterschiede zwischen dem Heiligen Nikolaus und der Kunstfigur des Weihnachtsmanns, oftmals werden beide ähnlich dargestellt. Ein bekannter amerikanischer Getränkekonzern ist nicht ganz unschuldig daran. Das ist schade, denn mit Nikolaus hat eine der ersten großen Gestalten der frühen Christenheit die Bühne betreten, die kein Märtyrer ist: einfach ein Mensch, der in christlicher Nächstenliebe handelt und sieht, wo Menschen Not leiden und Hilfe brauchen. Ein Mensch, nach dessen Vorbild man leben sollte.