Der gläubige Fern-Seher
Ein Treffen mit Heino Falcke im rheinischen Teil der Milchstraße
Heino Falcke ist Professor für Radioastronomie in Nimwegen und Prädikant der evangelischen Gemeinde in Frechen bei Köln. Als Forscher ist er herausragend, als Gemeindeglied hoch engagiert. Kein Widerspruch für den 56-Jährigen, der verstehen will und verstanden werden möchte.
Wie von Zauberhand leuchtet mit einem Mal eine Handvoll Monitore auf. Ein kleiner Tisch trägt Keyboard, Maus und ein paar Metallkästchen. Die Installation wirkt wie der Traum eines Gamers, der sich in virtuelle Welten beamt. Doch der Ort will dazu nicht passen: Der Kommandostand befindet sich auf der Empore der 300 Jahre alten evangelischen Kirche in Frechen, gleich neben dem Brustwerk der Orgel. Heino Falcke ist der Kopf hinter der Maschine. Als Corona begann, war die Gemeinde dank seiner Initiative beim Streamen von Gottesdiensten ganz vorne dabei.
Der Physiker programmiert mit Leidenschaft. Sein Ziel ist eine weitgehende Automatisierung der Übertragung: "Kurz in die Funktion eingewiesene Konfirmanden sollten das dann hinbekommen." Doch nun ist eine Kamera ausgefallen, was zu spürbarem Unmut des Mannes führt, der sich als perfektionistisch bezeichnet. Er räumt ein: "Wenn ich unter den Lastwagen käme, sähe es hierfür wohl düster aus." - Falcke hat rheinischen Humor und einen sehr hellen Kopf.
Weltberühmt wurde 2019 ein "Foto", an dem der Professor für Radioastronomie maßgeblich mitwirkte. Das Motiv, das seinerzeit die Titelseiten der internationalen Presse zierte, erinnert Laien an einen Donut mit Mango-Blutorangen-Glasur. In Wahrheit ist der possierlich wirkende Kringel ein schwarzes Loch in der Galaxie M 87, größer als unser Sonnensystem. Um das gigantische Objekt abzubilden, mussten etliche Radioteleskope rund um den Erdball zu einem verabredeten Zeitpunkt den gleichen Punkt am Himmel fixieren. Die technische Herausforderung war groß. Größer noch aber dürften Überzeugungskraft und Koordinierungsleistung im Vorfeld gewesen sein. Teams von Wissenschaftlern auf der ganzen Welt - jedes mit eigenen Aufgaben, Methoden und Eitelkeiten - mussten für das Projekt gewonnen werden. Darum vergingen von der Idee bis zur Aufnahme auch rund zwei Jahrzehnte. In dieser Zeit wurde Heino Falcke reichlich mit Auszeichnungen geehrt, 2011 mit dem Spinoza-Preis, einer Art Nobelpreis der Niederländer.
All das hinderte den dreifachen Familienvater nicht daran, in Frechen, dem Wohnort seiner Ahnen seit Generationen, als fröhlicher Christenmensch regelmäßig sonntags in die Kirche zu gehen. Er ist im CVJM großgeworden und ihm bis heute treu. Mit 27 Jahren wurde er zum Prädikanten ordiniert und hat damit längere Predigterfahrung als die meisten Pfarrerinnen und Pfarrer.
Der Forscher dringt in ferne Galaxien vor, um Dinge zu zeigen, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Dem Christen ist seine Kirche Heimat. Darum soll das Gebäude einladend und auf Stand sein. "Denn ich will hier mit allen am Ostermorgen sitzen und aus voller Überzeugung "Christ ist erstanden singen" und seine Auferstehung feiern." Damit diese frohe Botschaft auch hinausgetragen werden kann, wird er jetzt erst einmal den Fehler mit der Kamera finden.
Von Thomas Rheindorf
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